Nach dem Abstimmungssonntag vom 29. November 2009 bleibt nur eines: es braucht endlich einen Kanton Zürich Stadt! Der dumpfe braune SVP-Sumpf findet in den Städten nämlich keine Mehrheit! Weder beim Angriff auf die verfassungsmässig garantierte Religionsfreiheit noch bei der antidemokratischen Wahl eines neuen kantonal-zürcher SVP-Regierungsrates machen die Stadtzürcherinnen und Stadtzürcher mit. Stadtluft macht bekanntlich frei, dies muss endlich auch in der Politik klar werden.
Es gilt vorerst festzuhalten: unabhängig vom Abstmmungsergebnis ist die braune Anti-Minarett-Initiative schlicht nicht zulässig. Diese Abstimmung muss von Amtes wegen aufgehoben werden. Wenn diese Bestimmung in die Verfassung aufgenommen wird, ist dies ein Rückfall ins Mittelalter, in die Zeit der Religionskriege. Jetzt muss der Bundesrat Verantwortung übernehmen, nachdem er diese offensichtlich unzulässige Initiative in verantwortungsloser Art und Weise zur Abstimmung gebracht hat. Und einmal mehr: die SVP ist eine staatsgefährdende Partei und muss sofort verboten werden. Einmal mehr haben sich hier einige tumbe Milliardäre einen Abstimmungserfolg gekauft – es braucht dringend ein Gesetz über die Offenlegung der Parteifinanzen. Dazu passt auch, dass die SchweizerInnen weiterhin mit den Kriegsgreueln andernorts einen Teil ihres Geldes verdienen wollen – und dies ausgerechnet im Herkunftsland eines Henri Dunant, und erst noch am 1. Adventssonntag!
Nur in Bananenrepubliken ist sonst möglich, was das absurde Wahlverfahren im Kanton Zürich möglich macht: mit 53 % der Stimmen 71.5 % der Sitze im Regierungsrat! Staatspolitisch bedenklich ist darüber hinaus, dass der sehr knapp gewählte Regierungsrat Ernst Stocker – voraussichtlich Volkswirtschaftsdirektor – vom wichtigsten Wirtschaftsstandort der Schweiz, nämlich der Stadt Zürich, nicht gewählt wurde! Ein Regierungsrat des Kantons Zürich, welcher gegen die Stadt Zürich regiert, ist schlicht untragbar. Es wird sehr rasch erforderlich sein, dass sich die Städterinnen und Städter gegen diesen ignoranten Kanton zu wehren beginnen, beispielsweise mit einem Steuerstreik.
Erfreulich dagegen, dass die Stimmberechtigten der Stadt Zürich bei ihrer zukunftsgerichteten Haltung bleiben: gegen SVP und FDP haben sie realisiert, dass Parkplätze nicht viel mit Lebensqualität und Wohlergehen zu tun haben – hoffentlich auch ein deutliches Zeichen für klimaschweinelnden Parkplatz-Zählrahmen-Fetischisten von der IG Pelikan. Und gegen 80 % der Stimmberechtigten haben verstanden, dass der Weg zur 2000-Watt-Gesellschaft auch mutige Schritte erforderlich macht: es braucht Risikokapital für eine Tiefenbohrung in den unbekannten Untergrund von Zürich, um die Chancen und Risiken der Geothermie erkunden zu können.
Fazit: eine rückwärtsgewandte Mehrheit sowohl der SchweizerInnen als auch der ZürcherInnen steht einer zukunftsorientierten Mehrheit von StadtzürcherInnen gegenüber. Da gibt es nur eines: es braucht endlich einen eigenständigen Kanton Zürich Stadt. Im übrigen: Der Kanton Zürich Stadt wäre aktuell der siebtgrösste Schweizer Kanton!
Dass Prognosen und Ergebnis so weit auseinanderliegen, ist entweder ein Beweis dafür, dass die Ja-Stimmenden wissen, dass ihr Abstimmungsverhalten politisch inkorrekt ist – dem anonymen Abstimmungszettel vertraut man dies an, nicht aber der sympathischen Befragungsstimme am Telefon. Oder die Mehrheit der Stimmenden hat die Abstimmungsfrage falsch verstanden – möglicherweise wollte die Mehrheit der Stimmenden eigentlich JA sagen zu den Minaretten – was aber als Ja zur Anti-Minarett-Initiative gezählt wurde…