Schon länger ist klar, dass die direkte Demokratie schweizerischer Prägung schlechte Karten hat im Vergleich mit despotischen, autokratischen Gebilden wie etwa Libyen (in erster Linie darum, weil Diktator Ghadafi psychisch herausgefordert ist). Erschreckend: auch wenn sich Länder wie Spanien, Italien oder Deutschland als Demokratien bezeichnen, hat sich gezeigt, dass die Verantwortlichen dieser Staaten dem libyschen Diktator mental näher stehen als den VertreterInnen der direkten Demokratie Schweiz.
Was sich Spanien und Italien, teilweise mit Unterstützung durch Deutschland, an Verhandlungsergebnissen und Verlautbarungen im „Konflikt“ Schweiz-Libyen erlaubt haben, kann selbst wohlwollend nur als gravierender Kniefall vor dem libyschen „Operetten“-Diktator interpretiert werden. Für Spanien und Italien scheinen rechtsstaatliche Grundsätze nicht zu gelten – nicht verwunderlich, muss Italiens Möchtegern-Diktator Berlusconi regelmässig von Gerichten gestoppt werden. Das Verhalten der Genfer Polizei anlässlich der Verhaftung von Ghadafi-Sohn und Gewalttäter Hanibal war überkorrekt, das Veröffentlichen von Polizeifotos war möglicherweise unklug – und die Schengen-Visa-Sperren durch die Schweiz waren sowohl formell wie inhaltlich richtig und angemessen. Libyen hat offensichtlich gegenüber Rachid Hamdani und Max Göldi Staatsterrorismus begangen, hat die grundlegenden Rechte dieser beiden Geiseln absichtlich und in massivster Art verletzt. Jede andere Aussage ist eine Lüge – oder eine Willfährigkeit gegenüber Ghadafi.
Spanien, Italien und Deutschland sind bestenfalls repräsentative Demokratien – die Menschen „dürfen“ eher selten ihre Repräsentanten wählen. Diese Repräsentanten verhalten sich in sehr vielen Situationen ausgesprochen autokratisch oder machiavellistisch. Nur schon beim öffentlichen Auftreten sind die Unterschiede augenfällig: während in Berlin, Madrid oder Rom riesige Autokonvois bewegt werden, wenn ein Regierungsmitglied unterwegs ist, sind etwa BundesrätInnen in der Schweiz ohne (oder zumindest mit nicht sichtbarer) „Leibwache“ unterwegs – zu Fuss, mit dem öffentlichen Verkehrsmittel, … – hier zeigt sich, dass in direkten Demokratien Regierungen MIT der Bevölkerung regieren, während in autokratischen System offenbar GEGEN die Bevölkerung regiert wird (mit der Ausnahme des Autokraten und Alt-Nationalrat Blocher).
Es besteht dringender Handlungsbedarf – und zwar auf Ebene der UNO. Die Staatsform und damit das Mass an Demokratie respektive Autokratie wird den einzelnen Staaten überlassen. Selbst aus Sicht der Menschenrechte schlimmste Diktaturen (China, Burma, …) können UNO-Mitglied sein. Hier braucht es zukünftig eine ethische Beurteilung der real existierenden Staatsform – die „gute Praxis des Regierens“ ist zu diskutieren und festzusetzen.