Schon 2010 wurde die Medienqualität der Schweizer Medien wissenschaftlich kritisiert – damals gab es von den Medien lauten Protest. 2011 wurde die wissenschaftliche Kritik verstärkt – was zu einer grotesken Reaktion von Tagesanzeiger/Newsnetz-Chefredaktor Peter Wälty führte.
Herr Wälty macht sich nicht einmal die Mühe, zu behaupten, die Medienqualität sei gar nicht so bedenklich – er hält fest, auch die Qualität der Wissenschaft sei schlecht, und macht dies an einigen Berichts-Details fest, die wiederum von den WissenschafterInnen mit wenig Aufwand erläutert und entkräftet werden können.
Es geht nicht nur mehr darum, dass die (Print-)Medien die Rückseite von Inseraten mit den News von gestern auf das Altpapier von morgen drucken – unterdessen geht es auch darum, zwischen den nervigen, auch IT-technisch grenzwertigen Online-Werbungen einen Beliebigkeitstextinhalt von heute für den vielleicht nicht mehr gebrauchten Browser-Cache von heute zu produzieren. P.S. Ich stelle fest, dass regelmässig Medienseiten, vor allem wegen der Werbeeinblendungen, zu erheblichen Einschränkungen bei der Internetnutzung führen. Insbesondere Nicht-Windows-Browser reagieren allergisch auf all den Script-Schrott, der eingesetzt wird, um die Aufmerksamkeit der Internet-NutzerInnen auf die Werbung statt den Text zu lenken. Wobei: ehrlicherweise meide ich Produkte, deren Bewerbung meine Internet-Nutzung penetrant beeinträchtigt …
Eine der Möglichkeiten der Online-Medien ist die zeitsynchrone Berichterstattung über allgemein interessierende Themen – all diese zeitnahen Gefässe vermögen allerdings in der Regel nicht zu überzeugen, weil selbst Fussballmatchs oder illegale Party-Demos am Zürcher Central informationsmässig relativ eher wenig dicht sind – und es daher viel banalen Füllstoff braucht. In Kombination mit den z.B. bei Tagesanzeiger maximal 400 Zeichen langen LeserInnen-Kommentaren (entspricht 2 1/2 SMS) entsteht ein kurzatmiger, wenig reflektierter populisierender Informationsfluss.
Bei mindestens zwei „Justizfällen“ im Jahre 2011 – einerseits „Fall Kachelmann“, andererseits „Fall Amanda Knox“ – wurde jeweils der Eindruck erweckt, als sei das Gericht ersetzt worden durch die durch die Medien verbundene Öffentlichkeit, wobei die einzelnen AkteurInnen, egal ob JournalistInnen oder Kommentarspalten-FüllerInnen, bereits vorgefasste und zweifelsfreie Meinungen über Schuld und Unschuld hatten. Festzuhalten ist: gerade im privaten Bereich können Urteile nur auf der Basis des aktuellen Standes des Unwissens der RichterInnen gefasst werden, und diese haben – im Gegensatz zu einer populistisch aufgestachelten Öffentlichkeit – rechtsstaatliche Grundsätze bei ihrer Urteilsfindung zu berücksichtigen. Im Gegensatz dazu neigt die populisierte Öffentlichkeit zur willkürlichen „Lynchjustiz“.
Ich stelle bei mir aus meiner beruflichen Tätigkeit bekannten Fragestellungen regelmässig fest, dass in den Medien als Fakten deklarierte Sachverhalte falsch oder zumindest verfälscht dargestellt werden – selbst bei gutem Willen und unter Beizug der Meinungsäusserungsfreiheit bleibt leider zu häufig nur Kopfschütteln über die dümmlichen Aussagen.
Information, die korrekte Darstellung von Sachverhalten, ist in Demokratien als dauernd sich verändernden und damit lernenden Organistionen ein Schlüsselelement; die Medien haben einen wichtigen Beitrag zur Meinungsbildung zu leisten. Informationen sollen unterhaltsamen präsentiert werden – „Infotainment“ in wohldosierter Form ist durchaus erwünscht. Blosse Unterhaltung demgegenüber ist nicht gefragt in den Medien! Das heisst: Popularisierung ja, Populisierung nein!