„Mangelndes Sachverständnis“ – ein leicht verkürztes Zitat aus der Sonntagszeitung vom 27. Januar 2013 – es geht um die Beurteilung der Positionsbezüge der Economiesuisse zur Energiestrategie 2050 des Bundesrates. Das war noch vor dem 30. Januar 2013: mit ihrer absurden Präsentation einer absurden ETH-KOF-Studie hat sich die Economiesuisse schlicht aus der Energie- und Umweltpolitik verabschiedet. Aber: die Energiestrategie 2050 des Bundesrates ist trotz der grotesken Intervention der Economiesuisse ungenügend – es braucht eine Energiestrategie 2.0. Dies habe ich in meiner persönlichen Stellungnahme zur Energiestrategie des Bundesrates festgehalten.
Als die Aussagen der Economiesuisse am 30.1. bekannt wurden, die sehr schnell ein virtuelles Gelächter auslösten.
Seit langer Zeit ist bestens bekannt, dass ökonomische Aussagen über lange Zeiträume oder zu grossen Veränderungen hochgradiger Unsinn sind. Es gilt dazu der Spruch „Bullshit in, Bullshit out“.
„How Rich Is The 2000 Watt Society“ – diese Frage beantwortete das „Center of Economic Research“ an der ETH Zürich im März 2010. Auch wenn die Präsentationsleinwand gross war, mussten scharfe Augen her, um den ökonomischen Unterschied zwischen dem Business-As-Usual-Szenario und dem 2000-Watt-Szenario ausmachen zu können. Im Übrigen ist dies nicht weiter verwunderlich – die Energiekosten machen nur einen geringen Anteil des (zynischen) BIP aus. Selbst unter Beachtung des Spruches „Bullshit in, Bullshit out“ ist davon auszugehen, dass die grosse Zahl von Einflussfaktoren dafür sorgt, dass reale Volkswirtschaften relativ träg auf Veränderungen einzelner dieser Randbedingungen reagieren – andererseits bewirken nur sehr grosse Veränderungen politische Reaktionen (Stichworte Erdölpreiskrise 1973, Tschernobyl, 09-11, Irak-Kriege, Fukushima).
Beat Hotz-Hart, Professor für angewandte Volkswirtschaftslehre an der Universität Zürich behauptet, die Studie der KOF ETH Zürich sei wissenschaftlich korrekt, die Fehler lägen bei den Medien und bei der Economiesuisse. Dem ist klar entgegenzuhalten, dass verantwortbare Wissenschaft nur begrenzt falsch interpretiert werden kann. Nicht nur wissenschaftliche ÖkonomInnen haben die Verantwortung, etwa bei Szenario-Rechnungen einigermassen plausible Annahmen zu treffen und nicht aus Prägnanz-Gründen absurde Wertekombinationen in die Modelle einzusetzen. Dass sich Prof. Peter Egger nur einen Tag später genötigt sah, die Ausgangsstudie mit einer umfangreichen Präzisierung zu rechtfertigen – eine Rechtfertigung allerdings, die die relevanten Fragestellungen ausser Acht lässt und nur Nebensächlichkeiten thematisiert, was die Vorwürfe erst recht bestätigte – zeigt, dass sich hier ein so genannter Forscher vorsätzlich, absichtlich und Geld für eine politische Aussage missbrauchen liess. Im Übrigen bestätigte Herr Egger in einem Interview eine meiner Aussagen: es gibt hoch realistische Szenarien, die aufzeigen, dass der Ausstieg aus der Atomenergie billiger wird als das Weiterführen der bisherigen Politik (wobei Energie generell teurer wird/teurer werden muss)! Auch Herr Egger macht den Fehler, Lenkungsabgaben als Steuern zu interpretieren – sind sie aber definitiv nicht, weil ja eine möglichst umfassende Rückerstattung erfolgt zugunsten jener, die sich bereits politikkonform verhalten. Deshalb ist er offenbar auch von der Economiesuisse als Auftragnehmer ausgewählt worden.
Was bleibt: die Economiesuisse hat sich definitiv aus der Energie- und Klimaschutzpolitik verabschiedet – zum Glück steht als echte Alternative Swisscleantech zur Verfügung! Die KOF ETH Zürich ist offenbar mindestens politikunerfahren, möglicherweise fehldenkend, tendenziell unwissenschaftlich. Und die Medien puschen am liebsten absurde Aussagen …
Es braucht eine viel bessere Energiestrategie als die vom Bundesrat vorgelegten Vorschläge – es braucht eine Energiestrategie 2.0, wie ich sie hier in umweltnetz.ch und in meiner Stellungnahme zur Energiestrategie 2050 vorstelle.
Da mein Nein zur Abzockerinitiative sich auf z.B. Rudolf Strahm (‚Ich halte den realen Schaden der Initiative für die Stabilität der Industriefirmen für grösser als der Vorteil, den sie uns verspricht. ‚) und Ulrich Thielemann (‚Es ist aber auf jeden Fall besser, so meine ich, die Initiative zu verwerfen.‘) beruft, bleibe ich trotz Economiesuisse-Kampagne bei meiner Nein-Empfehlung!
Objektiv kann sich die Economiesuisse gar nicht mehr aus ihrem Glaubwürdigkeitstief herausbringen – spätestens seit dem Bestehen von Swisscleantech hat dieser ewiggestrige, fossile Verband von Climate Criminals ausgespielt. Nun versucht sich dieser Verband auch noch als Energiewende-Criminals: sie wollen das verhindern, was unausweichlich ist: die Energiezukunft MUSS fossil- und nuklearfrei sein, sonst hat die Volkswirtschaft Schweiz schlicht keine Chance mehr – und je schneller dies klappt, desto vitaler ist die Volkswirtschaft in der Summe (bis auf einige nicht wirklich zukunftsfähige Branchen wie Ölhändler und dergleichen).
Spannend ist: je mehr Professor Peter Egger und Economiesuisse-Geschäftsführer Pascal Gentinetta in der Gegend herumschwafeln, desto schlimmer wird die Sache. Einmal mehr: Schweigen ist Gold, Regen ist Silber. Wenn sich Economiesuisse betupft gibt, weil die ersten KritikerInnen die Economiesuisse-Studien nur 30 Minuten gebraucht haben, um die fundamentalen Fehler der Economiesuisse-Aussagen zu finden, ist dies die Folge davon, dass die Egger-Studie für die von Economiesuisse hineininterpretierten Behauptungen gar keine relevanten Belege liefert und dass es wirklich nicht mehr als 30 Minuten braucht, um die Economiesuisse-Fehlinterpretationen zu finden. Sowohl Herr Centinetta als auch Herr Egger sollten endlich schweigen – dann fällt es später leichter, dass sich die Welt nicht mehr an den absoluten Unsinn vom 30. Januar 2013 erinnert!
Irgendwann werden auch die letzten gesellschaftlichen Dinosaurier realisieren, dass die Economiesuisse als politische Kraft genau das Gegenteil bewirkt, als die Wirtschaft braucht. Der in den Meinungsumfragen zum Ausdruck kommende hohe zustimmende Anteil zur Pseudo-Abzocker-Minder-Initiative ist angesichts der Aussagen von Rudolf Strahm und Ulrich Thielemann in erster Linie eine emotionale Reaktion auf den grotesk agierenden Wirtschaftsverband Economiesuisse.