Seit Wochen kocht in der Schweiz die Volksseele über – es geht um die Boni für die Mitarbeitenden der UBS für das Geschäftsjahr 2008. Variable Lohnkomponenten sind allerdings eine ziemlich dumme Angelegenheit.
Wie ist die Qualität eine Arbeit zu beurteilen? Bei einem Werkstück, beispielsweise einem Möbelstück, ist die Sache scheinbar einfach. Erfüllt das Möbelstück die Ansprüche der Bestellerin/des Bestellers, ist die Sache fachgerecht ausgeführt, steht also beispielsweise ein Stuhl fest auf vier Beinen, hat eine Tischplatte keine Überzähne, sieht das Werk auch nach einer längeren Nutzungszeit noch gut aus, dann darf davon ausgegangen werden, dass gute Arbeit geleistet wurde. Nur: selbst hier gibt es weitere Aspekte! Stammt beispielsweise das Holz aus nachhaltiger Waldwirtschaft? Wurden bei der Herstellungskette die Sicherheitsbestimmungen umfassend eingehalten? Werden faire Löhne bezahlt? Geben die verwendeten Leime und Oberflächenbehandlungsmittel schädliche oder lästige Stoffe an die Raumluft ab? Und so weiter… Oder anders: ob gute Arbeit geleistet wurde, hängt schlicht von den Massstäben ab. Je mehr Kriterien einbezogen werden, desto wahrscheinlicher ist es, dass Abstriche bei den Qualitätsansprüchen erforderlich sind. Eine ernsthafte und abschliessende Leistungsbeurteilung ist somit extrem schwierig, wenn nicht gar unmöglich.
Bei de Finanzwirtschaft ist es genau gleich. Auch hier kann die geleistete Arbeit mit einer grossen Vielzahl von Kriterien beurteilt werden. Üblicherweise werden quantitative und qualitative Aspekte aus dem unmittelbaren Tätigkeitsbereich während eines Geschäftsjahres in die Beurteilung einbezogen, Faktoren beispielsweise, die sich sehr direkt auf die Eigenkapitalrendite auswirken. Welche mittel- und langfristigen Schäden dieser Druck zur hohen Eigenkapitalrendite inner- und ausserhalb des Unternehmens bewirkt, interessiert dabei in der Regel nicht. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wurden und werden Boni ausbezahlt für Aktivitäten, die irgendwo auf dieser Erde, heute oder in Zukunft, zur existenziellen Bedrohung für Einzelpersonen, die Menschheit oder die Umwelt werden können!
Es ist davon auszugehen, dass ein grosser Teil der Erwerbstätigen gute Arbeit leisten will. Dazu gehört auch eine anständige und gerechte Entlöhnung. Boni haben in einem solchen System keinen Platz, weil sie letztlich den übersteigerten Gemeingebrauch legitimieren. Prinzipiell gehört zum Bonus auch der Malus. Wenn der Bonus als variabler Einkommensbetrag einen grösseren Betrag ausmachen kann als der Grundlohn, müsste ein möglicher Malus in ähnlicher Grössenordnung liegen, also letztlich mehr Malus als Grundlohn: Arbeitnehmende müssten bei schlechtem Geschäftsgang sogar noch dafür bezahlen, dass sie Arbeit geleistet haben! Wer den Malus ablehnt, darf auch den Bonus nicht fordern!
Wenn sich nun beispielsweise bisherige UBS-KundInnen überlegen, ihre Geschäftsbeziehungen mit dieser Bank zu beenden, kommt damit zum Ausdruck, dass sie nicht mehr den Eindruck haben, im Geschäftsverkehr mit dieser Bank fair behandelt worden zu sein. Offenbar hat da die Bank während langer Zeit zu stark ihre eigenen Interessen respektive jene der BonusempfängerInnen berücksichtigt. Dies hat dazu geführt, dass die Allgemeinheit, die Gemeinschaft der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, mit einem massiven finanziellen Beitrag die Finanzen der UBS sanieren musste.
Wenn nun in einzelnen Teilbereichen die Mitarbeitenden in Teilen des Unternehmens die vereinbarte Leistung erbracht haben, steht ihnen auch die in der Vereinbarung genannte Entschädigung zu, unabhängig, ob es sich um einen fixen oder einen variablen Lohnbestandteil haben. Es ist aber unmöglich, eine gerechte und faire Lösung zu finden, die den Ansprüchen auch der Nicht-Bank-Anspruchsgruppen entsprechen.
Würden Boni abgeschafft, fördert dies in erster Linie jene Mitarbeitende, die bei ihrer beruflichen Tätigkeit versuchen, die Interessen aller Beteiligten und des Umfeldes einzubeziehen. Zwar dürfte die Eigenkapitalrendite sinken, aber letztlich würde sich eine wesentlich höhere Zufriedenheit bei den Mitarbeitenden – und auch ihren KundInnen – einstellen. Raum für belohnende Lohnelemente, Prämien oder Gratifikationen mit einem kleinen Anteil am Gesamtlohn ist dabei immer noch vorhanden.
P.S. Der Vollständigkeit halber: diese Position betont die gesellschaftlichen Erfordernisse gegenüber individuellen Interessen. Ellbogen-Egoismus sieht dies ganz anders.