Bis in die Antike geht die Tradition der olympischen Spiele zurück. Die angedachte Kandidatur der Schweiz für olympische und paralympische Winterspiele führt zu Fragen über die Zukunft derartiger Veranstaltungen.
Zu dieser Illustration: Olympische Ringe, aufgenommen im April 2023 in Paris, aufgestellt als Hinweis auf die olympischen und paralympischen Sommerspiele vom 26. Juli bis zum 11. August 2024.
Die Schweiz ist Teil der olympischen (und paralympischen) Bewegung
Regelmässig finden etwa alle zwei Jahre irgendwo auf der Welt olympische und paralympische Spiele statt, in der Regel abwechselnd als Winter- oder als Sommerspiele. Auch Sportlerinnen und Sportler aus der Schweiz nehmen an derartigen Spielen teil, und immer wieder gewinnen diese olympische Medaillen, sie gehören also in jenem Moment zu den Besten dieser Sportarten (z. B. 2022 waren dies Corinne Suter, Beat Feuz, Michelle Gysin, Wendy Holdener, Lara Gut-Behrami, Marco Odermatt, Mathilde Gremaud, Fanny Smith, Ryan Regez, Alex Fiva, Jan Scherrer – einige dieser Personen mit mehr als einer Medaille).
Wenn Menschen aus der Schweiz regelmässig an olympischen (und paralympischen) Spielen teilnehmen, sollten gelegentlich auch solche Spiele in der Schweiz stattfinden. Letztmals fanden 1948 olympische Winterspiele in der Schweiz – in St. Moritz – statt.
Finanzielle und auch Nachhaltigkeitsüberlegungen sind immer wieder Begründungen, warum allfällige Schweizer Kandidaturen nicht zustande kommen.
Olympische und paralympische Winterspiele 2038 in der Schweiz?
Am 29. November 2023 entschied das Olympische Komitee, mit der Schweiz einen «privileged dialogue» für Winterspiele im Jahr 2038 aufzunehmen.
Auf Basis einer Machbarkeitsstudie hat das Schweizer Sportparlament 5 Tage vorher entschieden, eine Kandidatur für olympische Winterspiele 2030 oder 2034 eingereicht. Winterspiele in der Schweiz allenfalls erst 2038 bieten möglicherweise die Chance, noch deutlicher und stärker für nachhaltige, zukunftsfähige Sportgrossanlässe durchzuführen.
Ein Blick in die Machbarkeitsstudie zu olympischen und paralympischen Winterspielen in der Schweiz
Am 18. Oktober 2023, wenige Wochen vor dem Entscheid zuerst des Schweizer Sportparlaments für eine Schweizer Kandidatur und dann des olympischen Komitees für einen «privileged dialogue», wurde die «Machbarkeitsstudie Olympische und Paralympische Winterspiele Switzerland 203x» publiziert.
Die zusammenfassende Schlussfolgerung: «Die Olympische Bewegung steht am Anfang einer neuen Ära – mit nachhaltig organisierten Spielen, von denen möglichst viele profitieren. Unsere Vision ist es, dass die Schweiz einen wichtigen Beitrag zu diesem Moment der Olympischen Bewegung leisten kann. … Die Vision ist realisierbar. Die Schweiz kann zum ersten (para-)olympischen «Host Country» der Geschichte werden und Olympische und Paralympische Spiele organisieren, welche die Transformation in eine nachhaltigere Gesellschaft in der Schweiz über den Sport hinaus fördern».
Ein zentraler Aspekt ist, dass aus Schweizer Sicht olympische Winteranlässe möglich sind, die die vielen (dezentralen) Wintersportinfrastrukturen in der Schweiz nutzen, mit möglichst geringen Weiterausbauten an diesen Einrichtungen. Um die 14 Standorte im Schweizerischen Alpenraum und im Mittelland sind in die Vorabklärungen einbezogen worden.
Objektiv ist dies ein grosser Unterschied zu bisherigen Olympiaanlässen, bei denen ein Olympiastandort und nicht ein Olympialand ausgewählt wurden, bis hin zu den sehr grossen olympischen Dörfer für die Teilnehmenden. Dies erforderte in der Regel sehr viele und grossformatige Neuinfrastrukturen, die nicht immer dauerhaft weitergeführt werden.
Als gewichtige Voraussetzung für dezentrale olympische Anlässe wird das Netz des öffentlichen Verkehrs betrachtet.
Ohne öffentliche Mittel – etwa für die paralympischen Winterspiele, die Gewährleistung der Sicherheit der Sportlerinnen/Sportler, der Besuchenden und der Bevölkerung und für die Lecacy (etwa Ermöglichung langfristiger, nachhaltiger und positiver Auswirkungen auf Gesellschaft, Umwelt, Wirtschaft und Sport) – sind trotz erheblichen anderen Finanzquellen derartige olympische und paralympische Winterspiele kaum finanzierbar. Noch zu klären wird sein, bei welchen öffentlichen Ausgaben der demokratische rechtsstaatliche Prozess erforderlich sein wird.
Diverse Reaktionen auf diese Machbarkeitsstudie und den darauf aufbauenden Entscheid des Schweizer Sportparlaments zeigen, dass viele Menschen auch in der Schweiz davon ausgehen, dass das Olympische Komitee als sehr autokratisch wahrgenommen wird. Die Überlegungen zur Zukunftsfähigkeit resp. Nachhaltigkeit werden als unglaubwürdige oder unrealistische Aussagen verstanden, aufgrund der vielen Erfahrungen zum Greenwashing mit derartigen Aussagen. Dazu kommt, dass angesichts der Klimakrise generell die Zukunft des Wintersports in Frage gestellt wird.
Die Anmerkungen des Olympischen Komitees zum weiteren Verlauf des «privileged dialogue» zeigen, dass «dezentral» beim Olympischen Komitee nicht verstanden wird. Das Festhalten an den olympischen Dörfern (eher olympische Kleinstädte) ist unerständlich, da immer noch recht grosse «olympische Weiler» in bereits bestehenden Wohn- und Feriengebieten zumindest geprüft werden sollten. Und spzeiell zu beachten sind die Möglichkeiten des recht dichten Netzes des öffentlichen Verkehrs in der Schweiz.
Nun, fast 15 Jahre könnten genutzt werden zur Konzeption, Planung und Vorbereitung von Olympischen und Paralympischen Winterspielen Switzerland 2038 – die erste Phase bis zu einem definitiven Entscheid des Olympischen Komitees muss dabei allerdings geprägt sein von einer zukunftsgerichteten Haltung «wir alle wollen NUR nachhaltige Winterspiele mit positiven Auswirkungen auf viele Bereiche unserer Gesellschaft», sonst wird da nichts daraus!
Positive Spuren
Im Sommer fand im Obergoms das Pfadi-Bundeslager statt mit 35’000 teilnehmenden Pfadis. Auch da ging es um Spuren, insbesondere möglichst viele positive Spuren, die eine gute Erinnerung an diesen Grossanlass ermöglichen. Weitere Angaben dazu im «mova Spuren-Bericht – Umwelt im Pfadi-Bundeslager 2022».
Die Sache mit dem Flugverkehr
Vom 30. November bis 12. Dezember 2023 findet die UN-Klimakonferenz COP 28 in Dubai statt. Bis zu 70’000 Teilnehmende werden erwartet, also auch ein Grossanlass. Viele viele davon reisen mit dem Flugzeug an und wieder zurück, mit nicht unbedeutenden Treibhausgasemissionen für diese Reisetätigkeit. Selbst wenn olympische und paralympische Winterspiele im Durchführungsland nach Möglichkeit überwiegend positive Spuren zurücklassen, braucht es darüber hinaus eine massive Verstärkung der nachhaltigen Entwicklung im Flugverkehr!