Derzeit bin ich daran, meine private Stellungnahme zur Energiestrategie 2050 des Bundes zu erstellen (ähnlich wie dies Marcel Hänggi, Eigenbezeichnung «Ein-Mann-Thinktank», bereits getan hat). Neben externen Quellen kann ich mich dazu auf diverse Beiträge aus meinem Blog umweltnetz.ch (z.B. Nach-nuklear und nach-fossil: heute beginnen! abstützen, zusätzlich suche ich auch gezielt Infos. Heute zum Beispiel über die AKW-Stilllegungs- und Entsorgungsfonds – zufälligerweise haben gleichzeitig Greenpeace Schweiz und der Trinationale Atomschutzverband TRAS über ihre Strafanzeige gegen AKWs mit dem Titel „Kostenwahrheit statt Altlasten“ informiert. Fazit: neben dem schnellstmöglichen (energiepolitischen) Atomausstieg müssen jene, die das privat noch nicht gemacht haben, lieber heute als erst morgen den Atomstrom abwählen.
Der Bund informiert regelmässig über den Stand dieser Fonds, alle fünf Jahre werden zudem Kostenüberprüfungen vorgenommen – das letzte Mal 2011, mit der Folge, dass seit dem letzten Mal teuerungskorrigiert geschätzte Mehrkosten von 10 % ausgewiesen wurden.
Die Fonds werden seit 1985 gespiesen – und der geschätzte Mittelbedarf für die Stilllegung der AKWs und die Entsorgung des Atommülls müssen nach 50 Jahren Laufzeit der AKWs vorhanden sein. Die fünf AKWs in der Schweiz entstanden von 1969 bis 1984 – im Mittel wäre die Laufzeit von 50 Jahren etwa im Jahr 2036 erreicht. Die ganze Sache funktioniert allerdings nur, wenn die vorhandenen Mittel mit real 2 % verzinst werden – zumindest bis anhin scheint dies aufgrund der Jahresberichte der Fonds eine plausible Annahme. Ob dies allerdings angesichts der Diskussion um Negativzinsen so bleibt, ist fraglich. Diese Fondsthematik ist somit offensichtlich bestimmend für den Zeitpunkt des Atomausstiegs – die Energiepolitik hat aus dieser Perspektive die Möglichkeit gar nicht, baldmöglichst aus der Atomenergie auszusteigen. So was nennt sich Sachzwang!
Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass sowohl die Stilllegungs- wie die Entsorgungskosten deutlich zu tief angenommen wurden. Es gibt zwar erst wenige Erfahrungen mit Stilllegung von Atomkraftwerken – die geschätzten 3 Mia CHF Stilllegungskosten für 5 AKWs und das ZWILAG dürften aufgrund der Erfahrungen aus Deutschland mindestens doppelt so hoch sein.
Da es weltweit noch kein dauerhaftes „Endlager“ für Atommüll gibt, sind die Kostenangaben für die Entsorgung des Atommülls zufällig, wie immer ohne Gewähr. Da zudem sowohl im Sondermüllbereich (z.B. Sondermülldeponie Kölliken) als auch bei Atommülllagern (z.B. Asse) zum Erstellungszeitpunkt als absolut sicher geltende Konzepte spätestens 20 Jahre später als dringendst sanierungsbedürftige Umweltkatastrophen bezeichnet werden müssen, ist es nicht auszuschliessen, dass der Mittelbedarf für die dauernde und sichere Lagerung des Atommülls während Millionen von Jahren auch ökonomisch nicht tragbar ist: die vom Bund geschätzten 8.4 Mia CHF könnten durchaus auch einen Faktor 1000 höher sein! Ein Beleg mehr für die Nicht-Nachhaltigkeit der Atomenergie.
Als Erinnerung: auch die Versicherungskosten für mögliche Atomunfälle werden nicht durch die Stromkonsumentinnen, sondern durch die Allgemeinheit übernommen.
Der massiv zu billige Atomstrom benachteiligt erneuerbare Energien ebenso wie die energieeffiziente Stromnutzung und Suffizienzansätze.
Selbst eine reiche Gesellschaft wie die Bevölkerung der Schweiz kann sich die Atomenergie nicht leisten – schon gar nicht aus Nachhaltigkeitssicht! Eine Konsequenz dieser Nicht-Nachhaltigkeit: heute und zukünftig werden auch die KonsumentInnen von nachhaltig produziertem Strom an den Kosten zur Sanierung der Altlasten aus dem Atomstrom mitzutragen haben – es ist zu hoffen, dass dies transparent erfolgt und nicht durch versteckte Quersubventionierungen (wie derzeit etwa in Deutschland!).
Es führt nichts daran vorbei: Atomkraftwerke sind so rasch als möglich stillzulegen – und die Stromversorgung ist ausschliesslich mit erneuerbaren, nachhaltig nutzbaren Energiequellen abzudecken! Jede und jeder kann einen Beitrag leisten – durch die Abwahl sämtlicher nuklearer Stromqualitäten und die explizite Wahl von Strom mindestens der Qualität „naturemade basic“, besser „naturemade star“. Dass die Wahl der Stromqualität durch die KundInnen Wirkung zeigt, belegen die Elektrizitätswerke des Kantons Zürich (EKZ): innerhalb eines Jahres hat der Atomstromanteil am EKZ-Strommix um fast 30 % abgenommen!
Erste Fassung 4.1.2013, überarbeitet 6.1.2013