Auch am 1. August: Vorausschauen!

Die Schweizer Geschichten sagen, dass «die Schweiz am 1. August 1291 gegründet wurde». Bei vielen Reden zu diesem Festtag führt dies zu einer vergangenheitsverklärten Grundhaltung. An einem solchen Tag müssen wir alle VORAUSSCHAUEN!

Die Schweizer Geschichten sagen, dass «die Schweiz am 1. August 1291 gegründet wurde». Bei vielen Reden zu diesem Festtag führt dies zu einer vergangenheitsverklärten Grundhaltung. An einem solchen Tag müssen wir alle VORAUSSCHAUEN!

«Vor 833 Jahren wurde die Schweiz gegründet» – das ist nicht nur jeweils am 1. August der Hintergrund für einen speziellen Festtag. Es ist durchaus davon auszugehen, dass (auch) Ende des 13. Jahrhunderts (möglicherweise in der Zentral- resp. Innerschweiz) einige Dinge passiert sind, die die Entwicklung des Gebietes der Schweiz in Richtung eines demokratischen Rechtsstaates geprägt haben.

In vielen Reden zum 1. August wird direkt oder indirekt behauptet, diese Vergangenheit sei die Voraussetzung für die Zukunft.

Vieles mag in unserer Zeit als positiv wahrgenommen werden – in meiner Wahrnehmung ist dies keinesfalls eine Zukunfts(ver)sicherung. Gerade diese Vergangenheitsbeschönigung stellt im Gegenteil eine Gefahr für die Enkelinnen-/Enkel-/Urenkelinnen-/Urenkel-Tauglichkeit nicht nur unseres Landes dar.

Veränderungen sind aufwändig

«Früher war vieles besser!» Nun, wir alle wissen, dass dies allenfalls für Teilbereiche des Lebens, unserer gemeinschaftlichen Institutionen und Strukturen gilt.

Der Bundesstaat Schweiz wurde 1848 mit einer Verfassungsabstimmung beschlossen. 1874 und 1999 wurden die Bundesverfassungen umfassend revidiert. Seit der Verfassungsrevision 1999 hatten die Stimmberechtigten auf nationaler Ebene über 220 Vorlagen zu befinden; nicht bei allen davon ging es um Verfassungsänderungen.  43.6 % der Vorlagen wurden angenommen – Veränderungen auf Verfassungs- und Gesetzesebene sind also nicht einfach zu haben (und kosten sehr sehr viel Geld).

Warum braucht es überhaupt Veränderungen?

Am 1. August 2024 wurde in den Medien über den «Earth Overshoot Day» berichtet. Ab diesem Datum, also etwa für 5 von 12 Monaten, verbraucht die Menschheit mehr Ressourcen, als die Erde im Verlaufe eines Jahres zur Verfügung stellen kann. PS: Die Menschen in der Schweiz tun dies seit dem 27. Mai – würden alle Menschen auf der Erde so viel des Planeten beanspruchen wie die in der Schweiz lebenden Menschen, brauchte es fast 2.5 Erden!

Es gibt viele weitere solche Grenzen der Überbeanspruchung unseres Lebensraumes. Und viele Ausflüchte, etwa, es gäbe auf der Erde Menschen mit noch grösseren Fussabdrücken, oder wir hätten es aufgrund unserer Leistungen verdient, die Erde zu übernutzen.

Klar ist: wenn wir den lebenden und den zukünftigen Generationen ein gutes Leben ermöglichen wollen, braucht es «schnelle, weitreichende und beispiellose Veränderungen in allen Bereichen der Gesellschaft».

Durch die Verfassung wären sehr viele Veränderungen vorgegeben. Was die Verfassung vorgibt, lässt sich an einem konkreten Beispiel zeigen:

In der Präambel zu Beginn der Verfassung steht: «in der Verantwortung gegenüber der Schöpfung,». Im Zweckartikel 2 werden «die nachhaltige Entwicklung» und «die dauerhafte Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen» als verpflichtende Aufgaben des Staates genannt. Art. 73 der Bundesverfassung («Bund und Kantone streben ein auf Dauer ausgewogenes Verhältnis zwischen der Natur und ihrer Erneuerungsfähigkeit einerseits und ihrer Beanspruchung durch den Menschen anderseits an.») und Art. 78 konkretisieren dies.

PS: Die Haltung des Parlaments zum Entscheid des EGMR zur Klimaklage der KlimaSeniorinnen ist gerade am 1. August sehr unverständlich.

Heimat?

Immer wieder werden «Heimat» und «1291» kombiniert. Es ist allerdings fraglich, ob die Menschen, die im Jahr 2024 leben, das Gebiet der Schweiz aus dem Jahr 1291 als Heimat wahrnehmen würden. Eigentlich ist auch Heimat nur vorausschauend zu verstehen, als Gegend auf dem Planeten Erde, auf dem sich Menschen heimisch fühlen, wo sie gerne leben.

Nur weil gewisse Blicke auf bestehende Bauten einen «Jö»-Effekt auslösen, heisst dies noch lange nicht, dass diese «alten» Dinge eine heimattaugliche Zukunft ermöglichen. Wir wissen sehr genau, dass nicht alle früheren Gestaltungs- und Ausführungselemente zukunftsfähig sind – was «damals» realisiert wurde, wird heute häufig anders beurteilt als in der Entstehungszeit. Oder anders: das, was auch in der Schweiz in vielen Jahren gemacht wurde, hat dazu beigetragen, dass wir derzeit pro Jahr so viel verbrauchen, dass die in der Schweiz lebenden Menschen 2.5 Planeten Erde beanspruchen! Somit ist vieles von dem, was unter Denkmalschutz steht, eine zerstörerische «Altlast», die eine nachhaltige Entwicklung verunmöglicht. Da braucht es einen völlig neuen Zugang zu Heimat- und Denkmal-Schutz!


Zwei neuere Bücher zu Veränderungen

Der Schweizerpsalm

Nicht nur am 1. August wird der Schweizerpsalm gesungen, Text von Leonhard Widmer, Melodie von Alberik Zwyssig, entstanden um die Zeit der Entstehung des Bundesstaates Schweiz, Landeshymne seit 1981.

Der Text und ein vierstimmiger Begleitsatz sind in Wikipedia zu finden. Es handelt sich vom Hintergrund her und mit den Inhalten tatsächlich um einen Choral. Darum habe ich den vierstimmigen Begleitsatz mit Orgelstimmen digitalisiert, hier zu hören:

Schweizerpsalm Widmer/Zwyssig (nach Noten in Wikipedia)

Betet, zum Beispiel für die Schöpfung

In der ersten Strophe heisst es im fünften Vers: «… betet, freie Schweizer, betet!»

Nun, der Text ist offensichtlich zu Zeiten entstanden, als Frauen kein Stimmrecht hatten (und auch Kirchen unbewältigte Themen hatten, die teilweise nach wie vor bestehen).

Morgenrot, Strahlenmeer, Alpenfirn, Abendglühn, Sternenheer, Menschenfreundlicher, Himmels lichte Räume, Nebelflor, Wolkenmeer, Unergründlicher, Ewiger, Luftgebilde, Sonne, wilder Sturm, Hort und Wehr, allmächtig Waltender, Rettender, Gewitternacht: diese Worte aus dem Liedtext weisen sehr deutlich auf unseren Lebensraum hin, auf die Schöpfung.

Wir sind relativ direkt somit auch beim «Earth Overshoot Day».

Papst Franziskus hat 2015 die Enzyklika «Laudato si‘ – Über die Sorge für daas gemeinsame Haus» veröffentlicht. Am 4. Oktober 2023 hat Papst Franziskus die Enzyklika mit dem päpstlichen Schreiben «Laudate Deum» fortgesetzt. Ein Zitat von dieser Wikipedia-Seite: «Mit der Zeit sei Franziskus klar geworden, „dass wir nicht genügend reagieren, während die Welt, die uns umgibt, zerbröckelt und vielleicht vor einem tiefen Einschnitt steht.“ Deswegen habe er nach der Enzyklika Laudato si’ aus dem Jahr 2015, die sich schwerpunktmäßig mit dem Themenbereich Umwelt- und Klimaschutz beschäftigt, die neuerliche Schrift zum Thema verfasst.»

«Betet, Gebet»: Was bedeutet dies? Auszüge aus Wikipedia: Religionsgelehrte und Theologen … erwarten vom Gebet eine Änderung des betenden Menschen: Der das Gute erstrebende Wille Gottes sei nicht zu ändern, aber durch die Gebetstätigkeit werde der Wille des Menschen gestärkt, seine Seele geläutert und somit eine ganzheitliche Änderung zum Guten bewirkt.

Somit ist das «Geburtstagslied» Schweizerpsalm eine Aufforderung, dass wir einen Beitrag zur Erhaltung der Schöpfung leisten, dass wir genügend vorausschauen!