Ethikfonds, manchmal auch Nachhaltigkeitsfonds genannt, verwenden häufig Ausschlusskriterien für den Entscheid über Investments. Nuklearenergie gehört standardmässig zu diesen Kriterien. Die Verfassung des Kantons Zürich hält fest: In Verantwortung für die kommenden Generationen sind sie [Kanton und Gemeinden] einer ökologisch, wirtschaftlich und sozial nachhaltigen Entwicklung verpflichtet. (Art. 6, Abs. 2) – Kanton und Gemeinden stellen sicher, dass die öffentlichen Aufgaben wirkungsvoll, wirtschaftlich, nachhaltig und von der geeigneten Trägerschaft erfüllt werden. (Art. 95, Abs. 2.
Der Kanton Zürich ist Eigentümerin der Elektrizitätswerke des Kantons Zürich EKZ, welche ihren KundInnen 75 % Atomstrom verkauft, der Kanton Zürich und die EKZ sind die grössten Anteilseigner an axpo/NOK, ebenfalls mit einem überwiegenden Atomstromanteil. Der Kanton Zürich betrachtet sein finanzielles Engagement in die Energiewirtschaft nicht als energiepolitischen Beitrag, sondern als ausschliessliche Aktionärsstrategie – und entgegen den Vorgaben der Verfassung ist dieses Engagement nicht wirtschaftlich. Noch im Dezember 2010 hat der Zürcher Regierungsrat, deutlich gegen die Vorgaben der Verfassung verstossend, nochmals für zwei neue Atomkraftwerke plädiert!
Am Beispiel der finanziellen Aspekte der Nachhaltigkeit lässt sich diese Sackgassenpolitik illustrieren: in einem Interview mit der Sonntagszeitung vom 1. Mai 2011 droht Heinz Karrer, CEO Axpo, dass der Ausstieg aus den Kernkraftwerken den Axpo-Strom um einen Drittel verteuern könnte. Und zwar nicht etwa wegen den Investitionen in neue Kraftwerke für die Nutzung erneuerbarer Energien – sondern wegen den noch nicht abgeschriebenen Atomkraftwerken, und insbesondere den noch nicht ausreichend verfügbaren Mitteln für die Stilllegungs- und Abbruchkosten der Atomkraftwerke! Obwohl der Atomkomplex Beznau seit 1969/1971 in Betrieb ist, also eigentlich schon lange die damalige Auslegungsnutzungsdauer erreicht hat, sind die finanziell erforderlichen Abschreibungen nicht erbracht – mit diesem alles andere als nachhaltigen Finanzverhalten wollten offenbar die Verantwortlichen die Kosten des Atomstroms virtuell tief halten. Derartige Manipulationen sind ein klarer Hinweis für die Nicht-Nachhaltigkeit von Atomkraftwerken.
Damit zeigt sich einmal mehr: selbst ein sofortiger Ausstieg aus der Atomenergie ist kein energietechnische Herausforderung! Primär ist die Politik gefordert, in zweiter Linie geht es um die ökonomische Bewältigung der Ausstiegskosten. Selbst jährliche Kosten im dreistelligen Millionenbereich sind für die Volkswirtschaft ohne grössere Schwierigkeiten bewältigbar (auch wenn diese Mittel besser für Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien verwendet werden könnten).
Einmal mehr versucht Heinz Karrer mit nicht nachvollziehbaren Aussagen über potentielle Gaskraftwerke die öffentliche Meinung zugunsten einer weiteren Nutzung der Atomenergie zu manipulieren – ich habe bereits gezeigt, dass mit einer klugen Energiepolitik Gaskraftwerke einem verstärkten Klimaschutz nicht im Wege stehen.
Dass nicht-nachhaltiges Verhalten auch die Zukunft negativ beeinflussen könnte, zeigen weitere Äusserungen von Herrn Karrer. Weil die Axpo nach wie vor in erster Linie auf neue Atomkraftwerke setzt, wird viel zu wenig in Kraftwerke für die Nutzung erneuerbarer Energien investiert. Zitat Karrer: „Doch ein Ausbau ist nicht einfach. Die Windparkzonen in der Nordsee sind fast alle schon vergeben.“ Bestraft hier wieder einmal die Zeit jene, die zu spät kommen? Dies weist darauf hin, dass es vorteilhafter sein könnte, den Atomstrom-Dinosaurier Axpo in Konkurs gehen zu lassen und stattdessen neue demokratisch kontrollierte Kantons-Elektrizitätswerke entstehen zu lassen.