Immer wieder die gleiche demokratisch unbefriedigende Situation: bei der Ersatzwahl am 3.3.2013 für den Zürcher Stadtrat geht es darum, nicht ganz ein Jahr vor den Gesamterneuerungswahlen einen einzigen Sitz im Neunergremium neu zu besetzen, nämlich den Sitz des bisherigen Finanzvorstehers Stadtrat Martin Vollenwyder. Einervakanzen in solchen Gremien erlauben den Stimmberechtigten keine echte Wahl – ich wiederhole daher meine Forderung, dass jeder Rücktritt aus einem solchen Gremium eine Gesamterneuerungswahl zur Folge haben muss.
Gesamterneuerungswahlen in Majorzgremien sind Persönlichkeitswahlen. Das gilt nicht für Ersatzwahlen mit Einervakanzen; insbesondere, wenn solche Ersatzwahlen weniger als ein Jahr vor den Gesamterneuerungswahlen stattfinden. Denn: alle Parteien schauen bei ihren Wahlvorschlägen und -empfehlungen bereits auf die Gesamterneuerungswahlen. Es geht darum, die Verhältnisse im teilweise neu zusammengesetzten Gremium so zu verändern, dass dies für die Wahlchancen des eigenen Gremiums nicht negativ ist. Dies gilt auch für die Verhältnisse in der Stadt Zürich, weil die Zusammensetzung des Stadtrates nicht wirklich den den Parteienanteilen im Gemeinderat entspricht. Einzig die SP ist etwa ihrer Parteistärke entsprechend im Stadtrat vertreten, die Grünen haben wahlnumerisch neben dem ihnen zustehenden Sitz auch jenen der Grünliberalen besetzt. Einer der beiden FDP- und der einzige CVP-Sitz entsprechen in etwa dem WählerInnen-Anteil der $VP bei den Gemeinderatswahlen. Diese Differenzen sind darauf zurückzuführen, dass Gesamterneuerungswahlen in erster Linie Persönlichkeits- und erst in zweiter Linie Parteiwahlen sind! Es scheint zudem, dass diese Zusammensetzung politisch genehm ist. Oder anders: sollte Richi Wolff von der Alternativen Liste am 3. März 2013 – oder bei einem allfälligen zweiten Wahlgang – gewählt werden, hätte dies deutlich andere Auswirkungen sowohl auf die KandidatInnenkür für die Gesamterneuerungswahlen am 9. Februar 2014 als auch das Ergebnis, als wenn FDP-Kandidat Marco Camin oder GLP-Kandidat Daniel Hodel durch die Stimmberechtigten gewählt würden.
Das heisst: die Ersatzwahl zur Besetzung der Einervakanz im Zürcher Stadtrat durch den vorzeitigen Rücktritt von Stadtrat Martin Vollenwyder ist hauptsächlich wahltaktisch geprägt und ist dadurch nicht dazu geeignet, die derzeit am besten für das Amt als Stadtrat geeignete Person zu wählen. Bei einer Gesamterneuerungswahl wäre dies wesentlich anders. Somit ist im Interesse der Wählerschaft auf Majorz-Einzelwahlen zu verzichten. Bei jedem Rücktritt aus dem Gremium sollten Gesamterneuerungswahlen stattfinden.
Klar ist: der eigentliche Gewinner dieser Stadtrats-Ersatzwahlen vom 3. März 2013 ist Martin Vollenwyder. Er hat der FDP durch seinen vorzeitigen Rücktritt einen strategischen Vorteil verschafft.
Bei solchen Ersatzwahlen verzichte ich aus Prinzip auf eine Wahlempfehlung.
Da gibts nicht viel mehr dazu zu sagen als: „Sie haben recht“