Was genau macht der Oelpreis in nächster Zeit? Fällt er wieder Richtung vierzig oder gar dreissig Dollar pro Barrell, oder steht der Preis bald bei 200 oder gar 250 Dollar? Der Oelpreis ist allerdings nur ein Element, welches den Umgang der Menschheit mit dieser endlichen, fossilen Ressource bestimmt.
Wenn es um Zukunftsinvestitionen geht, verhalten sich Menschen sehr unterschiedlich, beziehen auch sehr unterschiedliche Argumentationen in ihre Ueberlegungen ein. Der Oelpreis – und damit reine betriebswirtschaftliche Rechnungen – spielt zwar regelmässig mit hinein, ist aber glücklicherweise selten die prägende Grösse: ökologische Aspekte und die Verantwortung gegenüber zukünftigen Generationen werden von sehr vielen Menschen in den Entscheidungsprozess miteinbezogen.
Immer grössere Wohnflächen ist einer der Untertitel einer Medienmitteilung des Statistischen Amtes des Kantons Zürich vom 14. Oktober 2008 zur Wohnbautätigkeit im Kanton Zürich: seit 1973 hat die durchschnittliche Fläche einer Neubauwohnung im Kanton Zürich um 44 Prozent zugenommen.
Dies hat Auswirkungen: pro Person wird 2007 in der Schweiz im Durchschnitt etwa gleichviel Energie für die Wärmebereitstellung (Raumheizung und Warmwasser) gebraucht wie im Jahr 1973, obwohl in diesen gegen 35 Jahren einiges an energetischen Massnahmen an Gebäuden und Haustechnik umgesetzt wurden. Die Energie-Effizienzsteigerung in und an Gebäuden konnte gerade etwa den Flächenzuwachs kompensieren – ein klassischer Rebound-Effekt! Mit Blick auf die Zukunft: es wurde zwar bereits einiges getan, aber dies reicht bei weitem nicht, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Dazu gehört auch, bewusst und freiwillig den Flächenanspruch pro Person zu begrenzen.
Aus der Wirkungsanalyse der Energiepolitik der Stadt Zürich kann abgeleitet werden, dass derzeit rund ein halbes Prozent des städtischen BIP für die Bereitstellung von Wärme (Raumheizung und Warmwasser) in Wohnbauten verwendet werden muss. Am Beispiel einer typischen Vierzimmer-Wohnung auf Stadtgebiet (80 Quadratmeter) mit dem Energiestandard der 70er-Jahre und einer Monatsmiete von Fr. 1800.– heisst dies: bei einem Oelpreis von 70 Franken pro Hundert Liter machen die reinen Energiekosten für Heizung und Warmwasser etwa vier Prozent der Mietzinses aus, bei 140 Franken (Stand Ende Juli 08) sind dies 7.5 %, und bei einem Preis von 210 Franken für 100 Liter Heizöl würden die Wärmekosten etwas mehr als 12 Prozent der Jahresmiete ausmachen. Eine interessante Renditeberechnung für Energieeffizienzmassnahmen wurde am 22.6.2008 im Sonntagsblick publiziert: Investieren statt Oelscheichs finanzieren! Eigentlich müssten diese Berechnungen ergänzt werden, wie sich eine zum Beispiel um 15 Prozent reduzierte Wohnfläche pro Person auswirkt…
Genau wie beim Wohnen sind auch beim motorisierten Individualverkehr ( = Autoverkehr) nicht in erster Linie die Benzin- oder Diesel-Kosten bestimmend für die Verkehrskosten. Beim TCS-Musterauto sind die Treibstoffkosten mit etwa einem Sechstel der Kilometerkosten von 75 Rappen „nur“ der zweitgrösste Posten neben der Amortisation. Selbst bei einer Verdreifachung des Treibstoffpreises auf 5 Franken pro Liter würde der Kilometerpreis auf nur etwa einen Franken pro Kilometer steigen. Sollten sich auf dem europäischen Markt Billigst-Autos wie der Tata Nano oder das neue „Nicht-Fiat“-Projekt zu einem Preis von um die 3000 Dollar durchsetzen, würden die Kilometerkosten stärker sinken als durch diese Benzinpreiserhöhung!
Als Stossseufzer: obwohl diese Zahlen objektiv zeigen, wie teuer Autofahren bereits heute ist, hat dies nur begrenzt Auswirkungen auf die Verkehrsmittelwahl! Im Schweizerischen Strassenverkehr werden die Energie-Effizienzfortschritte im Fahrzeugbau durch die zunehmende Verkehrsleistung überkompensiert – mit spannenden Ausnahmen in den grossen Städten wie Zürich.
Fazit: da ökonomische Ueberlegungen nur bei einem kleinen Teil der EntscheidungsträgerInnen – sowohl bei Bauten wie bei der Verkehrsmittelwahl – eine Rolle spielen, ist die Sache klar: um die ambitiösen Klimaschutzziele zu erreichen, sind zwingend die Vorschriften im Energiebereich deutlich zu verschärfen. Die von den Kantonen angekündigte Anpassung der Vorschriften ist eigentlich schon längst fällig, geht aber deutlich zu wenig weit; zudem fehlen Vorgaben an die Energie-Effizienz von elektrischen Geräten. Und bei den Fahrzeugen sind sehr sanfte Verbrauchsvorschriften erst zu erahnen. Hier besteht ebenfalls dringlicher Handlungsbedarf.