An diesen launigen Spruch werde ich erinnert, wenn ich die Medienbericherstattung über die Entwicklungen im Zusammenhang mit der Schweizerischen Haltung zum Bankkundengeheimnis verfolge! Seit 1977 ist die OECD mit der gemeinsamen Erarbeitung von „Model Tax Convention on Income and on Capital“ beschäftigt, also an Vereinbarungen über die Besteuerung von Einkommen und Kapital; am 18.4.2002 wurde ein „Model Agreement on Exchange of Information in Tax Matters„, also ein Muster-Abkommen für den Informations-Austausch in Steuersachen, veröffentlicht. Wer jetzt so tut, als habe die Schweiz von nichts gewusst, ist möglicherweise früh aufgestanden, aber noch nicht wirklich erwacht.
Die OECD ist keine gesetzgeberische Behörde, sondern so etwas wie ein Interessenverband der Staaten in ökonomischer Hinsicht. Hier wird definiert, was man im Staatenverband als gute Praxis deklariert. Dazu gehört auch der Umgang mit der Steuererhebung, also welche Regeln der Fairness unter Einbezug minimalster ethischer Aspekte gelten sollten. Ebenso geht es im Umfeld der Geldwäscherei um den Entzug von privaten Einkommen und Vermögen vor der ordentlichen hoheitlichen staatlichen Besteuerung – respektive um den in Artikel 26 der Muster-Vereinbarung über die Besteuerung von Einkommen und Kapital vorgesehenen Informationsaustausch.
Vor bald 8 Jahren ist dieses Muster-Abkommen entstanden, und in dieser Zeit hat es die in Bilaterialimus bestens erprobte Schweiz nicht geschafft, in Zusammenarbeit mit ihren Vertragspartnern die bestehenden Doppelbesteuerungsabkommen an diese Regeln anzupassen. In der Sendung „Late Service Public“ haben sich Victor Giacobbo und Mike Müller berechtigerterweise lustig gemacht über den Flughafen Samedan, welcher es nicht geschafft hat, im WINTER mit den durchaus im Winter zu erwartenden Schneemengen umzugehen und für eine sicheren Betrieb des Flughafens zu sorgen. Wenn nun der Bundesrat fast 8 Jahre nach diesem Muster-Abkommen so tut, als wüsste man von nichts, ist dies entweder Real-Satire, oder eben spätes Erwachen trotz frühem Aufstehen. Es kann nicht im Landesinteresse sein, EinwohnerInnen anderer Länder beim Steuerbetrug zu helfen!
Gemäss der systematischen Sammlung des Internationalen Rechts der Schweiz wurden in dieser Zeit Doppelbesteuerungs-Abkommen mindestens mit Südafrika, Armenien, Österreich, Aserbeidschan, Bahrain, Spanien, Estland, Finnland, Vereinigtes Königreich, Iran, Israel, Litauen, Montenegro, Norwegen, Pakistan und Serbien/Montenegro erstellt oder dazu Protokolle ausgetauscht – mindestens 16 mal hätte die Möglichkeit bestanden in dieser Zeit, das Muster-Abkommen über den Informationsaustausch in Steuersachen in die Doppelbesteuerungsabkommen einzubeziehen, und falls dies sich als nötig erwiesen hätte, aus eigenem Antrieb eine Diskussion über eine mit der heutigen Zeit vereinbare Formulierung des Bankgeheimnisses zu lancieren. Dies haben diverseste BundesrätInnen, die in irgend einer Form mit diesen Dossiers betraut waren (Justiz, Finanzen, Volkswirtschaft, BundespräsidentInnen) schlicht verschlafen.
Gibt es nun eine „schwarze“ Liste der OECD vom 5. März 2009? Es ist davon auszugehen, dass es eine wie immer ausgestaltete Übersicht über den Status der Umsetzung der OECD-Empfehlung resp. des Muster-Abkommens in einzelnen interessierenden Ländern gibt. Wer diese Liste erhalten hat und auf welchem Weg sie an die Oeffentlichkeit gefunden hat, spielt dabei schlicht keine Rolle. Offenbar hatten einige Leute in der Schweiz ein ziemlich schlechtes Gewissen, dass sie so rasch reagieren konnten. es gibt weder für den Bundesrat noch für profilierungsgeile ParlamentarierInnen eine Veranlassung, über das Vorgehen der OECD zu lamentieren. Und es ist auch klar: nicht die OECD würde Massnahmen beschliessen, sondern allenfalls Kataloge mit Vorschlägen dazu erstellen, die dann von einzelnen Ländern in ihrem je eigenen Gesetzgebungsmechanismus zu konkretisieren wären.
Es ist lächerlich, wenn sich nun die Eidgenossenschaft in Aktivismus mit Protesten gegen die OECD und oder Einberufung des deutschen Botschafters ins EDA hervortun will – es wäre endlich Zeit, dazu zu stehen, dass die Schweiz die letzten acht Jahre schlicht geschlafen hat, als es darum ging, die erforderliche Transparenz in der Besteuerung von Einkommen und Vermögen zu schaffen und damit international vertrauensbildend zu wirken. Wer in Bundesrat und Parlament gehofft hat, die international akzeptierten guten Sitten und Gebräuche bei der Steuererhebung einfach aussitzen zu können, hat sich halt getäuscht. Nochmals: die meisten SchweizerInnen, gerade auch jene, die vielleicht später aufstehen, dafür aber schnell wach sind, haben keine direkten Folgen dieser internationalen Diskussionen zu gewärtigen, wohl aber indirekte; allerdings ist davon auszugehen, dass die Folgen klein er sein werden als die Vernichtung von realen und virtuellen Finanzwerten seit Herbst 2008, hervorgerufen durch eine nicht-nachhaltige Finanzpolitik gieriger BankmanagerInnen.
Dies ändert allerdings nichts daran, dass der deutsche Finanzmister Steinbrück unflätig und unanständig ist.