ECOPOP-Initiative ist für ungültig zu erklären

Es ist schon erschreckend genug, dass die Unterschriften für die ECOPOP-Initiative zusammengekommen ist. Der Initiativ-Text ist ein unappetitliches Gebräu von Pseudo-Nachhaltigkeit und nationalistischem Gedankengut – diese Initiative ist mit sehr guter Begründung zumindest als faschistoid zu bezeichnen. Diese Initiative verstösst massiv gegen die Bundesverfassung, und sie widerspricht ethisch-moralischen Grundsätzen der Aufklärung (Geschwisterlichkeit, Gerechtigkeit, Freiheit).

Nachhaltige Entwicklung ist ein Prinzip. „DIE NACHHALTIGKEIT“ gibt es nicht. Eine maximale Zahl von Menschen auf der Erde oder in der Schweiz ist nicht durch die Nachhaltigkeit in irgend einer Form begründbar. Wenn die Initiative postuliert, dass „auf dem Gebiet der Schweiz eine Einwohnerzahl auf einem Niveau anzustreben ist, auf dem die natürlichen Lebensgrundlagen dauerhaft sichergestellt sind.„, so ist allein dies in mehrfacher Hinsicht absurd und damit nicht initiativfähig:

  • Erstens wird durch diese Formulierung suggeriert, dass derzeit die Entwicklung der Schweiz nachhaltig sei. Dem ist gar nicht so, im Gegenteil: das Nachhaltigkeitmonitoring MONET des Bundes weist nach, dass die derzeitige Entwicklung der Schweiz in keiner Art und Weise als nachhaltig bezeichnet werden kann.
  • Zweitens sind bereits heute die ökologischen Fussabdrücke der in der Schweiz lebenden Menschen je nach Lebensstil sehr unterschiedlich. Von den „Grösstfüssen“ erträgt es wahrscheinlich nicht einmal eine Million Menschen. Selbst bei den aktuellen Öko-Kleinstfüssen ist die Nachhaltigkeit nicht gegeben – es ist aber vorstellbar, dass bei konsequenter Weiterentwicklung und Propagierung des LOVOS-Lifestyle die Schweiz aber auch noch viel mehr Menschen auf nachhaltige Art und Weise beherbergen kann. Offensichtlich ist, dass diese Initiativformulierung die aktuellen Zu-Gross-Füsse bevorzugt, womit der Vorwurf der faschistoiden Denke erfüllt ist.
  • Die Schweiz steht in sehr intensivem Austausch mit dem näheren und auch weiteren Ausland, dies gilt sowohl für Importe wie für Exporte. Computer, die in Fernost produziert werden, vergrössern den ökologischen Fussabdruck der in diesen Ländern lebenden Menschen, obwohl die Nutzung z.B. in der Schweiz erfolgt – ebenso ist es mit der „Entsorgung“ der Computer-Komponenten in afrikanischen Ländern (offenbar trotz SWICO). Die Initiative sagt nichts zu der Bilanzierung der Importe und Exporte – die Festlegung der Bilanzierungsgrenzen zur Beurteilung der nachhaltigen Entwicklung hat ein erhebliches Willkürpotential. Eine solche Festlegung darf nicht zur Steuerung der Migrationspolitik verwendet werden. Auch darum ist die Initiative für ungültig zu erklären.

Nur schon allein die missbräuchliche Verwendung des Nachhaltigkeitsberichts verlangt also, dass diese Initiative für ungültig erklärt wird – Ausführung zur Verletzung der Leitwerte einer aufgeklärten Gesellschaft muss nicht weiter ausgeführt werden. Die missbräuchliche Verwendung von Nachhaltigkeit zeigt auch auf, dass jeder Bezug auf „Öko“ nicht gerechtfertigt ist.

Das Problem der nachhaltigen Entwicklung sind also nicht die Menschen, die derzeit oder zukünftig zusätzlich in der Schweiz Wohnsitz nehmen möchten. Es sind jene Menschen, die bereits hier leben, die zum übermässig grossen ökologischen Fussabdruck beitragen. Es führt nichts daran vorbei: „Schweiz heute“ muss massiv nachhaltiger werden, und weil die ECOPOP-Initiative den Blick auf die zukünftig zusätzlich in der Schweiz lebenden Menschen richtet, lenkt sie vom Problem der aktuell bestehenden Un-Nachhaltigkeit ab. Durch diese Initiative verpasst also die Schweiz die Chance, die entscheidenden Weichenstellung Richtung tatsächlicher nachhaltiger Entwicklung vorzunehmen; ein Aspekt unter vielen: Energiepolitik for Dummies.


Es gibt somit kein „Das Boot ist voll“-Argument zur Bevölkerungsentwicklung der Schweiz. Entsprechende Verhaltensweisen vorausgesetzt, ist im Prinzip keine obere Begrenzung der maximal auf der Erde lebenden Menschen erforderlich. Aber: es ist selbstverständlich klug, die Geschwindigkeit der Bevölkerungsentwicklung zu beeinflussen, weil die Anpassungszeiten länger werden, zum Beispiel zur Reduktion des Fleischkonsums. Für Länder gibt es erst recht keine obere Grenze. Es ist durchaus auch ein Entwicklungsmodell „Ökostadt Schweiz“ vorstellbar. Das Einfamilienhaus auf dem Land mit täglichem Autopendeln gehört definitiv nicht dazu (diese Pseudo-Idylle ist bereits heute kein Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung).

Es führt nichts daran vorbei: die ECOPOP-Initiative ist so rasch als möglich für ungültig zu erklären.