Endlos-Loops

Diesen Blog-Beitrag schreibe ich ganz einfach wegen Google. Und um einmal mehr auf meine Empfehlung „Energiepolitik for Dummies“ hinweisen zu können – nicht ganz unwichtig bei all den Energiewende-Hälsen.

Ich habe in meinen Beiträgen schon mehrfach auf die technisch und energiepolitisch verantwortungslosen Aussagen von Professor Hansjürg Leibundgut hingewiesen, der einseitig auf erneuerbare Energien setzt, statt mit Suffizienz, Effizienz und Konsistenz alle Handlungsfelder der nachhaltigen Entwicklung zu nutzen. Ich könnte der Einfachheit halber z.B. diesen früheren Beitrag „Nicht- und Fehldenk-ProfessorInnen“ leicht auffrischen und neu publizieren.

Ich schreibe einen neuen Beitrag – ganz einfach deshalb, weil Google nach quantitativen Kriterien funktioniert.

ETH-Professor Hansjürg Leibundgut findet als vermeintlicher Querdenker und Häretiker leider leider leider regelmässig Eingang in diverse Medien, auch in die Autoanzeiger-Medien (früher Tagesanzeiger), weil die qualitativ immer schlechter werdenden Medien ihre Verkaufszahlen mit Widerspruch zu Physik etc besser aufpolieren können als mit Fakten.

Damit die Medien immer wieder berichten, braucht es eine dauernde Steigerung der absurden Botschaften – der Herr Professor und die Medienschaffenden schaukeln sich gegenseitig hoch. An der Tagung «Zukunfts-Städte» der Academia Engelberg gab es offenbar wieder einmal ein bisschen Leibundgut-Realsatire-Cabaret, bestens passend zum aktuellen Backlash in der Energiewende – die EnergiewendehälsInnen sind los.

Professor Hansjürg Leibundgut behauptet gemäss Auto-Anzeiger: Minergie-Häuser sind hässlich. Ästhetische Aspekte des Bauens sind bekanntlich nicht objektivierbar. Mehrfachmeinungen, wie sie etwa bei Wettbewerben erkennbar werden, sind also erforderlich. In der Stadt Zürich gibt es die Auszeichnung guter Bauten, letztmals im Jahr 2011 verliehen für Bauten, die in den Jahren 2006 bis 2010 realisiert wurden. Bei der Durchsicht dieser Liste fallen auf den ersten Blick zwei Minergie-zertifizierten Bauten auf: die ABZ-Siedlung Wolfswinkel mit den Zertifikatsnummern ZH-1100 bis ZH-1113 und das Schulhaus Leutschenbach mit dem Minergie-Zertifikat ZH-1220. Aus energiepolitischer Sicht wäre es zwar wünschenswert, dass nur Bauten mit Minergie-Zertifikat als gute Bauten ausgezeichnet werden dürfen. Aber der Beleg ist erbracht: erstens wurde viele Nicht-Minergie-Bauten, die in dieser Zeit realisiert wurden, NICHT als gute Bauten ausgezeichnet, zweitens ist es trotz oder wegen Minergie möglich, gute Bauten zu erstellen. Es bestätigt sich die seit dreissig Jahren etablierte Erkenntnis, dass die energetische Qualität keinen unmittelbaren Zusammenhang mit den ästhetischen Aspekten eines Gebäudes hat. Definitiv eine unqualifizierte Aussage, Herr Professor Hansjürg Leibundgut.

Professor Hansjürg Leibundgut behauptet gemäss Auto-Anzeiger: Die Minergie-Häuser ersticken die Menschen. Der Artikel lässt offen, ob Herr Leibundgut die eigentliche Wortbedeutung von „ersticken“, also keine Luft für das Atmen mehr zur Verfügung zu haben, oder die übertragene Bedeutung im Sinne von „keinen Platz finden“, „verdrängt“ werden meint. Eine herausragende Luftqualität in Innenräumen ist eines der Markenzeichen von Minergie, dieses Ersticken kann also nicht gemeint sein – wie schon das Beispiel oben mit der Auszeichnung guter Bauten zeigt, gibt es keine relevanten Unterschiede in der räumlichen Wirkung unterschiedlicher Bauten, die sich aus den energetischen Aspekten ergeben würden. Herr Professor Hansjürg Leibundgut, wohlwollend betrachtet ist diese Aussage provokative Ungenauigkeit.

Professor Hansjürg Leibundgut behauptet gemäss Auto-Anzeiger: Minergie-Häuser verbrauchen zu viel graue Energie, also Energie, die zum Bau und Unterhalt von Systemen verbraucht wird. Schon deutlich vor den Zeiten des SIA Effizienzpfades Energie haben sich vorausschauende Fachleute mit den Fragen der grauen Energie und Treibhausgase beschäftigt. Eine der zentralen Erkenntnisse: aus Gesamtsicht bezüglich Energie und Treibhausgase für Erstellung (dazu gehören Erneuerung und Unterhalt) und Betrieb sind Ersatzneubau und umfassende Erneuerung nach bestverfügbarem Standard in etwa gleichwertig, aber vorteilhafter als jede andere Lösung (eine dieser anderen Lösungen ist der Leibundgut-Ansatz mit ausschliesslicher Beschränkung auf erneuerbare Energien). Auch hier liegt Herr Professor Hansjürg Leibundgut mit seinen Äusserungen völlig neben der Realität.

„Dichten und Dämmen“ (mit Dichten ist nicht Poesie gemeint) sind wichtige Aspekte des heutigen Bauens, das ist so. Als ein Zeichen dafür, dass auch beim Bauen, sei es für Wohn- oder andere Zwecke, mehrdimensionale Lösungen bezüglich Nachhaltigkeit, damit auch unter ökonomischer Sicht, vorteilhaft sind. Suffizienz (zum Beispiel weniger umbaute Fläche pro Person), Effizienz und Konsistenz wirken zusammen nachweislich nachhaltiger als auf den Einsatz erneuerbarer Energien beschränkte Ansätze.

„Dichten und Dämmen“ steht auch dafür, dass dem thermischen Raumkomfort und der Verhinderung von Bauschäden eine hohe Bedeutung zukommt – ein angenehmes, der Jahreszeit angepasstes Raumklima trägt erheblich zum Wohlbefinden bei.

Mediengeile ProfessorInnen, die sich nur mit quer zu den Fakten liegen Behauptungen profilieren können, haben leider eine negative Wirkung: sie schaffen es, die Öffentlichkeit zu verunsichern wegen des „Galieo Galilei“-Effekts. Dies führt dazu, dass die Mehrheit der AkteurInnen lieber nichts tut als sich für eine der gegensätzlichen Positionen entscheiden zu müssen. Deshalb meine Empfehlung Energiepolitik for Dummies.


„Konsistenz“ – eines der Nachhaltigkeitshandlungsfelder – umfasst zwingend die Nutzung der erneuerbaren Energien. Da zwar die Sonne gratis scheint, die Nutzung der Sonnenenergie sowohl mit Kosten als auch mit sozialen und ökologischen Auswirkungen verbunden ist, muss auch die Nutzung erneuerbarer Energien zwingend nachhaltig sein. Dies erfordert folgerichtig, dass die mit Energien aus erneuerbaren Quellen abgedeckte Bedürfnisse den Nachhaltigkeits-Vorgaben Suffizienz und Effizienz zu entsprechen haben. Solange Professor Hansjürg Leibundgut bei seinen bisherigen Theorien zur Konstruktionsweise und zur energetischen Qualität von Bauten bleibt, ist von Nicht-Nachhaltigkeit auszugehen, unabhängig davon, wie viel erneuerbare Energien genutzt werden.