Der Tages-Anzeiger hat auf einer seiner montäglichen Computer-Seiten „Die Top Ten der Überflüssigkeiten der digitalen Seiten des Alltags“ veröffentlicht. Den zweiten Rang dieser Überflüssigkeiten nimmt dabei die „Penetrante Onlinewerbung“ ein: Von dezenten Werbebannern lassen wir uns gern auf Produkte oder Dienstleistungen hinweisen. Wenn die Onlinewerbung einen Radau veranstaltet, sich penetrant in den Vordergrund drängt oder den Bildschirm zur Gänze in Beschlag nimmt, dann verleidet das uns Surfern das Surfen.
Das Internet-Angebot des Tages-Anzeigers nutzt die Werbemöglichkeiten dieses Mediums intensiv; neben Bannern im Kopfbereich regelmässige Popup-Fenster, teilweise mit Ton unterlegt, eingelegte „Inserate“ bei den Texten. Wer will, kann diese Werbeformen durchaus als überflüssig bezeichnen.
Für gedruckte Zeitungen hat irgendwann jemand den Spruch geprägt: Redaktionelle Arbeit ist die Möglichkeit, die Rückseite von Inseraten mit Inhalten zu füllen – auf die Spitze getrieben von Gratiszeitungen, bei denen der Inhalt eher per Zufall zwischen der Werbung gefunden wird.
Eines ist klar: gute Zeitungen kosten etwas – das gilt auch für Zeitungen im Internet. LeserInnen muss immer bewusst sein, dass der Abo-Beitrag nur einen Teil der Kosten einer Zeitung abdeckt; es ist abzusehen, dass auch Internet-Zeitungen etwas kosten werden (die meisten Zeitungs-Archive beispielsweise sind bereits kostenpflichtig). Die Liste der Überflüssigkeiten und die Realität der Werbung auch im Internet zeigen somit das Spannungsfeld auf.
Internet-Seiten sind ein eigenes Produkt. Sie haben durchaus das Potential, eine Alternative zu den gedruckten Zeitungen zu sein. Es braucht allerdings noch einiges an Veränderungen (drei Gedanken dazu: Muss jeder Artikel, jede E-Mail zusätzlich auch noch ausgedruckt werden? Welche Konsequenzen hat es, dass das übliche Drucksachenformat ein Hochformat, der Bildschirm in den meisten Fällen dagegen ein Querformat ist? Wie ist damit umzugehen, dass gedruckte Medien in etwas erweitertem Sinn „begreifbar“ sind, die gleichen Texte auf dem Bildschirm virtuell bleiben?).
Dazu kommt, dass die Gesellschaft das Internet und dessen Entwicklung dauernd bewerten muss – besonders die Missbrauchsmöglichkeiten bis hin zu gefährlichen und verabscheuungswürdigen kriminellen Machenschaften erschweren die Nutzung des Internet als alltägliches Medium – es ist beispielsweise nicht akzeptabel, dass unter unverfänglichen Internet-Adressen höchst zweifelhafte Angebote erreicht werden. Der Ruf des Internet entscheidet letztlich über dessen Nutzung.
P.S. Es ist eine Tatsache, dass das Internet ein Medium der superreichen Länder ist. Dies verbietet dessen Nutzung nicht, verlangt aber, dass das Internet zur Förderung des Ausgleichs eingesetzt wird.
Auch „seriöse“ Internet-AnbieterInnen tragen hin und wieder dazu bei, den Ruf des Internets eher nicht zu fördern: weil es die technischen Möglichkeiten erlauben, etwas Interaktivität der Homepage gut ansteht und die Benutzungszahlen ein Bedürfnis anzeigen, werden schon fast auf jeder Seite abstimmungs- und umfrageähnliche Seiten angeboten, die nicht einmal minimalsten Regeln an die Seriosität genügen (mehr).
Gute Internet-Angebote sind aufwändig – wenn durch einen guten Ruf des Internets die Nachfrage nach Internet-Angeboten sichergestellt ist, bietet das Internet auch dauerhafte Erwerbsmöglichkeiten – nach der Sprunghaftigkeit der letzten Jahre mit schmerzhaften und bitteren Entlassungen eine dringliche Erfordernis.
Zu guten Internet-Angeboten der Medien gehört auch Transparenz über Kosten und Finanzierung – damit Werbung in geeigneter Form nicht in in einer Hitliste der Internet-Unnötigkeit erscheinen muss!