Thomas Held ist bereits als Leiter von Avenir Suisse durch weitgehend faktenleeres Geschwafel negativ aufgefallen. Auch wenn die heutige Zeit durch sinnentleerte Beliebigkeit geprägt ist, sind und waren die Aussagen von Avenir Suisse derat weit weg von jeder politischen, technischen und gesellschaftlichen Realität, dass die Frage erlaubt sein muss, welches die Absichten hinter derartigen Tätigkeiten sind. Neu reiht sich Thomas Held mit fakten- und sinnleeren Phrasendrescher-Sätzen in die Reihe der 2000-Watt-Gesellschaft-Basher ein – auch er interessanterweise in der Auto-Anzeiger-Beilage (früher Tagesanzeiger) „DAS MAGAZIN“. Auch Herr Held zeigt sich somit als ganz simpler Nuklearstrom-PR-Exponent!
Auch dieser Das Magazin-Beitrag ist nicht in allgemein zugänglicher Form verfügbar. Ich fasse die wesentlichen Aussagen im Sinne einer kommentierten Nacherzählung zusammen.
Herr Held stilisiert Hansjürg Leibundgut zum Häretiker hoch – damit dieser Begriff einigermassen passt, bezeichnet er die 2000-Watt-Gesellschaft als Religion -. und er spricht nicht vom Wutbürger, wie es derzeit modisch wäre, sondern von der Dämm-Wut. Im Gegensatz zu Hansjürg Leibundgut postuliert Herr Held einen „erneuerten Nuklearpark“ – doppelt hoch elegant: damit wird Herr Leibundgut entgegen seinen Absichten vereinnahmt (was der Glaubwürdigkeit seiner Argumente erheblich schadet), und Herr Held signalisiert, dass er bar jeder energiepolitischen Kenntnis argumentiert, denn der Bedarf für neue Atomkraftwerke ist schlicht null.
Als Stichworte fallen weiter auf: „neue Burgen aus Lehm, Stroh und Steinwolle„, „hochsubventionierte Gebäudesanierungsszene„, „schlotterende Mieter im Nullenergiehaus“ (obwohl ja Minergie ausdrücklich mit Komfort wirbt, und andere Publikationen zum Thema den zu hohen Energieverbrauch und die zu hohen Raumtemperaturen in solchen Bauten bemängeln) – wieder einmal mehr nicht sauber recherchiert, Herr Held! Thomas Held behauptet zudem, es werde behauptet, CO2 müsse um jeden Preis vermieden werden (nachdem er vorher noch behauptet hat, der Häretiker Leibundgut wolle in erster Linie die CO2-Vermeidung – konsistente Argumentation ist offenbar nicht Vorbedingung für „Das Magazin“. Wenn Herr Held behauptet, Klimaschutz müsse auch ökonomisch nachhaltig sein, braucht er einmal mehr die unterdessen sinnentleerte Worthülse „Nachhaltigkeit“, bestätigt aber indirekt, dass damit die Energieeffizienzszene richtig liegt: dies ist eine der wenigen Branchen, die seit Jahrzehnten Wirtschaftlichkeitsberechnungen – unter Einbezug z.B. der gesamten Life Cycle Costs, inklusive der externen Kosten der Energieanwendung durchführt. Festzuhalten bleiben dabei die Aussagen von Sir Nicolas Stern: Klimaschutzmassnahmen sind volkswirtschaftlich günstiger als Massnahmen zur Anpassung an den Mensch gemachten Klimawandel. Wobei: Herr Held ist ein Anhänger des BIP – und das steigt stärker bei den höheren Kosten der Klimawandelfolgenanpassung als bei den tieferen Kosten der Klimaschutzmassnahmen.
Zu einigen Details:
Ist die Vision der 2000-Watt-Gesellschaft eine Religion? Die Vision der 2000-Watt-Gesellschaft ist eine der wenigen Energie- und Klimaschutzpolitik-Strategien, die umfassenden Nachhaltigkeitsansprüchen genügt! Dazu gehört etwa, dass Suffizienz und Effizienz und Ökologisierung der Energieträger einbezogen werden, und betrifft somit ziemlich alle Lebensbereiche (und nicht nur der Aspekt des CO2-Ausstosses wie beim vermeintlichen Häretiker Leibundgut). Somit ist zwar die 2000-Watt-Gesellschaft eine eindringlichere Sache als Zero Emission von Hansjürg Leibundgut – dieser will ja einfach die bisherige Abhängigkeit von Erdgas, Heizöl und Uran ersetzen durch eine ebensolche Abhängigkeit von irgendwo auf der Erde produzierten Energiemengen aus vorgeblich erneuerbaren Quellen – respektive von einer erheblichen Abhängigkeit vom endlichen Uran, wie das auch Leibundgut-Fan Held propagiert. Aber deswegen gleich von Religion sprechen? Denn: die Vision der 2000-Watt-Gesellschaft ist umfassend faktenorientiert. Vision heisst: die 2000-Watt-Gesellschaft ist ein Szenario, welches zeigt, was erreicht werden kann, wenn die Gesellschaft dies erreichen will!
Die hochsubventionierte Gebäudesanierungsszene – auch dieses Phantasiegebilde hat Herr Held noch aus der Avenir Suisse-Zeit gerettet, dort spricht man von Subventions-Schlaraffenland. Ich habe auf umweltnetz.ch bereits mehrfach dargelegt, dass ich Subventionen im Energiebereich nicht unterstützen kann. Ganz banal einige Fakten: 300 Millionen Franken pro Jahr gibts derzeit an Förderbeiträgen von Bund und Kantonen – 14′ 000 Millionen Franken werden etwa pro Jahr in Unterhalt und Wertsteigerung des Gebäudeparks investiert (im übrigen viel zu wenig für eine nachhaltige Gebäudebewirtschaftung) – oder anders: etwas mehr als zwei (zwei!) Prozent der Investitionen sind subventioniert. Und das soll hoch subventioniert sein? Zum Vergleich: Greenpeace Deutschland hat ermittelt, dass jede kWh Atomstrom in Deutschland mit 4.3 Cent subventioniert wird – dies bei einem durchschnittlichen Strompreis von 23.7 Cent. 18 Prozent Subventionen also – ohne diese erheblichen Mittel wäre die Atomenergie richtigerweise schon längst aus dem Markt.
Wenn man Hochparterre liest (Ausgabe Januar/Februar 2011), weiss man, dass Hansjürg Leibundgut nicht Häretiker ist, sondern schlicht beleidigte Leberwurst spielt – weil er von einer der vielen vielen Veranstaltungen im Energiebereich ausgeladen wurde und seine reduzierte Sicht der Dinge nicht vorstellen konnte. Deshalb versucht er sich jetzt in PR in eigener Sache. Jetzt haben ihm Das Magazin und Thomas Held eine Plattform geboten. Herr Leibundgut wird nach diesen 2’500 Zeichen Lobhudelei aus der AKW-PR-Ecke das Dasein als beleidigte Leberwurst beenden können – so muss er auch nicht länger als Alibi-Lieferant für die AKW-Branche herhalten.
Im übrigen: Elemente der Vision Zero, etwa die Stromproduktion nicht nur aus lokalen Quellen, sind bereits Gegenstand der Vision der 2000-Watt-Gesellschaft (das Elektrizitätswerk der Stadt Zürich investiert etwa in norwegische (und deutsche) Windenergieanlagen). Auch Greenpeace Deutschland schreibt, dass es sowohl die dezentrale als auch zentrale Stromproduktion aus Wind und Sonne braucht. Wenn Herr Leibundgut anerkennt, dass neben dem rein technokratischen Ansatz der Stromproduktion aus erneuerbaren Energien auch Effizienz und Suffizienz eine grosse Rolle spielen, können seine Ueberlegungen ohne häretische Stilisierungen ebenfalls nutzbringend zur Umsetzung der 2000-Watt-Gesellschaft, dem umfassendsten Nachhaltigkeitskonzept zur Energieversorgung, dienen. Denn: erneuerbare Energien sind nicht einfach gratis, sondern erfordern für deren Nutzbarmachung einiges an Aufwand, haben also einen ziemlich grossen ökologischen Fussabdruck. Nur schon aus Gründen der Gerechtigkeit, ebenfalls einem Ansatz der Nachhaltigkeit – die übermässig konsumierenden reichen Länder sind in erheblichem Mass verantwortlich für den durchschnittlichen übergrossen ökologischen Fussabdruck – ist eine massive Reduktion des Ressourcenbedarfes (und damit auch der Ressourcen für die Nutzbarmachung erneuerbarer Energien) erforderlich.
Denn, und dies insbesondere an die Adresse von Thomas Held: die Erfahrungen zeigen, dass gesamtheitliche Ansätze – wie die 2000-Watt-Gesellschaft – zur Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen nachweislich wirtschaftlich nachhaltiger sind als einseitig fokussierte Ansätze wie Zero Emission mit der Konzentration der Stromproduktion für Europas nicht rauchende Häuser in Afrika.