„Wenn die Katholiken kommen, herrscht Stossverkehr“, „Das Weinland wird nicht zum Gas-Eldorado“ – zwei Titel aus zwei Internet-Meldungen von heute. Einmal mehr Beispiele für einen unsorgfältigen Umgang mit der Sprache.
Allerheiligen ist ein katholischer Feiertag – für die Mehrheit der Menschen, die in Kantonen, die früher mehrheitlich katholisch waren, arbeiten, sind dies arbeitsfreie Tage. Es ist tatsächlich so: an solchen Tagen sind in der Stadt Zürich mehr Autos mit Nummernschildern aus katholischen Gebieten zu sehen. In diesen Autos sind nicht nur katholische Männer unterwegs! Im als katholisch geltenden Kanton Zug beispielsweise deklarieren sich gemäss den Ergebnissen der Strukturerhebung 2010 des Bundes 55 Prozent der dort lebenden über 15-jährigen Menschen als zur römisch-katholischen Konfessionsgemeinschaft zugehörig, dabei handelt es sich definitiv nicht nur um Männer. Statistisch betrachtet sitzen also nur in 11 von 20 Autos mit ZG-Schild Menschen, die sich mehr oder weniger ausgeprägt zur römisch-katholischen Konfessionsgemeinschaft zählen. Es gibt darüber hinaus Menschen mit Wohnsitz im Kanton Zug, die in Zürich arbeiten und den Arbeitsweg mit dem Auto zurücklegen – deren Anwesenheit in Zürich hat also nicht sehr viel damit zu tun, dass sie „katholisch“ als Konfessionszugehörigkeit angeben. Und dann gibts noch jene, die in einem mehrheitlich reformierten Kanton wohnen, aber in einem „katholischen“ Kanton arbeiten – diese haben an einem solchen Tag ebenfalls arbeitsfrei, und könnten hypothetisch ebenfalls nach Zürich fahren, auch wenn sie nicht katholisch sind.
Ein kurzer Blick in die Daten des Parkleitsystems der Stadt Zürich zeigt, dass der Auslastungsgrad von sieben Innenstadtparkhäusern mit gegen 2000 Parkplätzen am Nachmittag und frühen Abend am katholischen Feiertag Allerheiligen etwa um 12 Prozent höher ist als am „Normalfreitag“ 25.10.2013. Etwa 12 Prozent mehr Verkehr also – und das soll bereits Stossverkehr sein? Und warum wird nur dem Zusatzverkehr die Stossverkehr auslösende Wirkung zugeschrieben? Eine weitere sprachliche Unsorgfalt!
„Eldorado“, Wunschort, goldener Ort, so wird dieses Wort gemäss Duden verstanden. Im bereits privilegierten Weinland, diesen Eindruck will der Artikel vermitteln, würden durch einen allfälligen Fund von Erdgas goldige Zeiten anbrechen. Tatsache ist allerdings, dass Bohrungen nach fossilen Rohstoffen zu erheblichen Belastungen für Mensch und Umwelt führen können – das eher kleine und bereits ausgenutzte Erdgas-Vorkommen in Finsterwald kann kaum als typisches Beispiel betrachtet werden, insbesondere im Vergleich mit den Fracking-Erfahrungen aus den USA, dokumentiert im Film Gasland. Wird zudem noch berücksichtigt, dass bei der Förderung und Verbrennung von Erdgas Treibhausgase entstehen, ist die Verwendung des Begriffs Eldorado unsorgfältig, wenn nicht gar polemisch.