Da die nach längeren juristischen Auseinandersetzungen bekannt gewordene Einstellungsverfügung im Fall Nef keine bis anhin nicht bekannten Tatsachen enthält, bestätigt sich einmal mehr, dass die autokratischen Teile der SVP (oder ihr nahestehende Kreise) ein Politmobbing veranstaltet haben, um einen diesen Kreisen genehmen Bundesrat installieren zu können. Die neuerlichen Schaumschlägereien der Weltwoche und ihres Mitarbeiters Alex Baur bestätigen einmal mehr, dass dieses Publikationsorgan Werkzeug und Sprachrohr der nationalkonservativen Extremisten dieses Landes ist.
Die Schweiz hat ein eher liberales Rechtssystem, welche die Einsicht und die Eigenverantwortung der Einwohnenden fördern soll. Wenn es das Gesetz zulässt, dass Opfer und TäterIn nach einer einvernehmlichen Regelung eines strafrechtlich nur bei Anzeige der Betroffenen relevanten Sachverhalts den Vorfall abschliessen und bereinigen können, so hat dies sowohl die Justiz als auch die Öffentlichkeit zu respektieren. Wie hoch der Betrag einer Genugtungs- und Wiedergutmachungszahlung war, wie genau der Wortlaut einer Entschuldigung ausgesehen hat, die von den direkt Betroffenen einvernehmlich ausgehandelt wurde, ist ausschliesslich für die Betroffenen von Interesse. Wer dies nicht respektiert, setzt sich dem Verdacht aus, immer noch in der mittelalterlichen Rache- und Körperstrafe-Praxis verankert zu sein und das liberale Rechtssystem abzulehnen. Definitiv, Herr Baur: DER PRANGER IST ABGESCHAFFT. Der Geheimhaltung untersteht auch prinzipiell die entsprechende Einstellungsverfügung. Nun, das Bundesgericht ist zum Schluss gekommen, dass hier die Geheimhaltung aufgehoben werden kann. Nach der Lektüre dieses Papiers komme ich zum Schluss: dieser Entscheid war alles andere als im Sinne der Antragsteller. Herr Baur, die Weltwoche, die Armeechef- und BundesratsmobberInnen werden als Anhänger einer Verschwörungstheorie geoutet, die schlicht substanzlos ist! Aus juristischer Sicht, aus Verfahrenssicht ist mit dieser Einstellungsverfügung ALLES korrekt abgelaufen. Und dies gilt auch dann, wenn Herr Baur und die Weltwoche jetzt täubeln und stämpfeln.
Somit wird immer deutlicher, dass die ganze Sache eine politische Intrige war, inszeniert wahrscheinlich von den nationalkonservativen ExtremistInnen dieses Landes, neckischerweise ganz brav mitgetragen auch von den ArmeegegnerInnen! Nun, unterdessen hat sich der als Ersatz für Samuel Schmid in den Bundesrat gewählte Ueli Maurer als Museumsdirektor sowohl einer verstaubten Armee als auch einer auf militärische Gewalt basierenden Sicherheitspolitik profiliert – und der neue Armeechef ist als ausgesprochener Gewalttechnokrat auch noch nicht zum Sympathie-Figur geworden. Und die Weltwoche mit Herrn Baur waren die aus dem Hintergrund manipulierten Werkzeuge dieser nationalkonservativen Szene!
Klar wird dabei auch: ein liberales Rechtssystem in einer rechtsstaatlichen Konkordanz-Demokratie verträgt sich schlecht mit den mittelalterlichen Gesellschafts- und Staatsauffassungen der nationalkonservativen Szene!
P.S. Diese Ausführungen beziehen sich in keiner Form auf das, was Herr Nef seiner Ex-Partnerin angetan hat. Allerdings hat dies auch nicht zu interessieren, da sich die beiden einvernehmlich auf die Bereinigung der Vorfälle geeinigt haben. Fraglich bleiben die Auswirkungen dieser Vorfälle und der Einigung auf die Wahl und die Job-Ausübung von Herrn Nef. Andererseits besteht ja die Absicht eines liberalen Rechtssystem, die eigenverantwortliche Lernfähigkeit der Betroffenen zu fördern.
Nachtrag 23.10.2010
Auch der Auto-Anzeiger, immer offensichtlicher ein SVP-Ableger, schlägt auf die Pauke und möchte einen Pranger. Da werden lächerliche Argumente herumgeboten. Nein, eine finanzielle Wiedergutmachung ist nicht nur etwas für Reiche, sondern muss auf die finanziellen Möglichkeiten abgestimmt sein – also ist Artikel 53 des Strafgesetzbuches kein Reichtumsartikel, sondern für alle möglich. Hat die Oeffentlichkeit tatsächlich ein Interesse nach einem teuren und aufwändigen Gerichtsverfahren, welches allenfalls zu einer bedingten Strafe führt? Und nochmals: die aktuelle Bestrafungspraxis geht davon aus, dass eine Resozialisierung zentral ist – Rache ist nicht Gegenstand des Strafrechts (das wäre „Aug um Aug“). Resozialisierung heisst aber: es muss die Erkenntnis reifen, dass hier ein Fehler gemacht wurde und dass dieser weder persönlich noch gesellschaftlich akzeptabel ist. Selbst ein Stalking-Vorfall muss nicht zwingend dazu führen, dass ein Mensch für z.B. den Job als Armeechef untauglich ist.
Bei Strafen von Vorfällen im Persönlichkeitsbereich gehts nicht um Rache, ein Strafprozess ist zudem nichts für VoyeurInnen – es muss darum gehen, dass Täter und Opfer sich gütlich, einvernehmlich und dauerhaft einigen, dass der Täter mit hoher Wahrscheinlichkeit eine gleiche oder ähnliche Tat nicht mehr begeht – alles andere hat die Oeffentlichkeit nicht zu interessieren in einem liberalen Rechtssystem – anders sah das im Mittelalter aus!
Erste Fassung 22.10.2010