Statt schwacher, lethargischer Klimapolitik: wir alle wollen «Gletscherinitiative plus»!

Der Weltklimarat IPCC hat am 9. August 2021 zum x-ten Mal vor der Klimakrise gewarnt und dringende Handlungen eingefordert. Zwei Tage darauf hat der Bundesrat einen direkten Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative beschlossen. Die Schweiz würde damit eine schwächliche, lethargische Klimapolitik betreiben.

Der Weltklimarat hat mit seinem Bericht im August 2021 einmal mehr bestätigt, was schon sehr lange bekannt ist. für echten Klimaschutz braucht es «schnelle, weitreichende und beispiellose Veränderungen in allen Bereichen der Gesellschaft». 

Eine der zentralen Fragen: Wie viel Treibhausgase, insbesondere CO2, darf die Welt, darf die Schweiz noch emittieren? Wenn die Absicht besteht, die globale Erwärmung auf höchsten 1.5 °C gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter zu beschränken, ist die Antwort sogar im Tages-Anzeiger zu lesen: Global dürfen dann noch rund 400 Gigatonnen CO2 aus den fossilen Rohstoffen ausgestossen werden, bei derzeit rund 40 Gigatonnen jährlichem Ausstoss.

Möglichst schnell auf Null

Ohne Klimaschutz-Massnahmen ist dieser Stand also spätestens in 10 Jahren erreicht. Wenn ernsthaft Klimaschutz betrieben wird, darf es etwas länger gehen. Das gilt auch für die Schweiz: ab 2020 darf gerade noch zehnmal soviel CO2 ausgestossen werden wie 2020 emittiert wurden. Dazu gibt es Zahlen des Bundesamtes für Umwelt. Die Emissionen der Jahre 2011 bis 2020 ergeben mathematisch betrachtet einen ziemlich linearen Verlauf – eine leichte Abnahme immerhin.

Der vom Bundesrat vorgeschlagene direkte Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative dürfte dazu führen, dass in den nächsten fünf bis sechs Jahren die CO2-Emissionen weiterhin leicht abnehmen. Erst nach Inkraftsetzung der neuen gesetzlichen Bestimmungen wird der lineare Absenkpfad mit null Emissionen im Jahr 2050 erreicht.

Werden die jährlichen Emissionen bis zur angestrebten Null im Jahr 2050 zusammengezählt, würde dies für die Schweiz einen etwa 60 Prozent zu hohen CO2-Ausstoss ergeben. Ganz banal: die Schweiz wird damit ihren Beitrag zur Einhaltung des 1.5-Grad-Klimaschutz-Ziels nicht leisten!

Eine höhere Klimaerhitzung ist nachweislich eine Gefahr für Mensch und Umwelt. Klimafolgenanpassung und die Reaktion auf klimakrisen-bedingten Schadensereignisse dürften zu sehr hohen Kosten führen. Eine solche Entwicklung kann nicht als nachhaltig bezeichnet werden. Die Klimapolitik des Bundesrates ebtspricht somit nicht der Verfassungsvorgabe für eine nachhaltige Entwicklung. Eine solche Klimapolitik ist definitiv nicht enkelInnen-/urenkelInnen-tauglich!

Es braucht ein echtes Klimaschutz-Gesetz!

Wenn der Bundesrat die Warnungen der Wissenschaft zur Klimakrise wahrgenommen hätte, wenn auch die Klimabewegung gehört worden wäre, dann hätte der Bundesrat einen indirekten Gegenvorschlag beschliessen müssen! Ein echtes Klimaschutz-Gesetz muss endlich auf den Tisch – wesentlich weitergehend als das völlig ungenügende, in der Volksabstimmung vom Juni 2021 knapp gescheiterte CO2-Gesetz Version September 2020 (auch als FDP-Version bezeichnet).

Eine solche Klimapolitik schafft es, das noch zulässige Budget an Treibhausgas-Emissionen einzuhalten – mit «Null» bereits im Jahr 2035.

Die Grafik zeigt den «roten» Absenkpfad des Bundesrates und den «grünen» Absenkpfad als Beitrag der Schweiz zur Beschränkung der Klimaerhitzung auf 1.5 °C  gegenüber dem vorindustriellen Zustand.

PS: Ja, es stimmt, die Schweiz importiert sehr viele Güter, die mit einem grossen CO2-Fussabdruck versehen sind. Wenn die Schweiz in ihren eigenen Grenzen den Klimaschutz-Beitrag zur Begrenzung der Klimaerhitzung leistet, wird dies eine Motivation für die Exportländer sein, ebenfalls echten Klimaschutz zu betreiben.

So schnell als möglich ausschliesslich erneuerbare Energien

Es braucht sehr schnell einen Übergang zur ausschliesslichen nachhaltigen Nutzung von erneuerbaren Energien. Dies führt allenfalls zu Beginn zu höheren Investitionskosten, in einer Gesamtbetrachtung in den meisten Fällen zu tieferen Gesamtkosten. Zu beachten ist, dass insbesondere fossile und nukleare Energieträger zu lügenden Energiepreisen führen, weil in erheblichem Umfang direkte und indirekte Subventionen bestehen. Ebenso ist einzubeziehen, dass die Klimaerhitzung voraussichtlich zu erheblichen Anpassungs- und Schadenskosten führt.

Ein wichtiger Aspekt: obwohl seit langen Jahren klar ist, dass so rasch als möglich auf erneuerbare Energien zu wechseln ist, werden nach wie vor viele Investitionsentscheide unter Einbezug fossiler Energieträger gefällt. Die aktuellen Diskussionen zur Klimapolitik nicht nur der Schweiz zeigen, dass die FehlentscheiderInnen davon ausgehen, für ihr Fehlverhalten vom Staat belohnt oder zumindest entschädigt zu werden. 

Zu beachten ist auch: das Geschäft mit den fossilen Energien ist sehr gewinnträchtig, nicht nur für die öl- und gasexportierenden Staaten und Unternehmen, sondern auch für den Handel in der Schweiz. Die fossile Misswirtschaft  hat so viel Geld zur Verfügung, dass Referenden und Abstimmungen «gekauft» werden können, verbunden mit umfangreichen Lügen-Propaganda-Kampagnen. Politisch ist zumindest für Transparenz über die eingesetzten Kampagnenmittel zu sorgen.

Wenn wir wollen, ist auch (Netto) Null 2030 möglich

Was zu tun ist für eine «Gletscherinitiative plus» ist längst klar – Spickzettel für die Umsetzung bieten beispielsweise die Ergebnisse der Arbeiten des deutschen Bürgerrates Klima  oder der Climate Action Plan der Schweizerischen  Klimabewegung. Wenn wir wirklich wollen, ist auch (Netto) Null 2030 erreichbar!


Zum Vorabzug meines Buches «Plan W. 2039 – Wir alle wollen»