Die SVP ist schon immer durch eigenartige Inserate aufgefallen. Was am 1. September 2007 im Tages-Anzeiger zu lesen war, kann wohlwollend nur noch als dumm und einfältig bezeichnet werden.
Geheimplan gegen Blocher: Der Inserate-Titel, so gross geschrieben, dass er zweizeilig abgedruckt werden muss.
Aufgelistet werden im Inserat verschiedene öffentliche Aussagen von PolitikerInnen der Parteien SP, Grüne, CVP, FDP. Klar ist: Was in den Medien gesagt oder gedruckt wurde, ist sicher nicht geheim!
Eine Mehrheit der vereinigten Bundesversammlung hat am 10. Dezember 2003 den damaligen Nationalrat Blocher in den Bundesrat gewählt. Es war eine knappe Mehrheit: Herr Blocher erreichte bloss 2 Stimmen mehr als das absolute Mehr. Schon damals gab es erhebliche Vorbehalte gegen die Wahl von Herrn Blocher in den Bundesrat – die Vorurteile haben sich bestätigt, Herr Blocher hat schlicht nicht das Format als Bundesrat; zudem verfügt er nicht über die notwenigen Fähigkeiten, schliesslich müsste er als Bundesrat die Interessen des gesamten Landes vertreten; zumindest von meinen Anliegen hat Herr Blocher bis heute kein einziges vertreten. Wenn „Bundesrat“ Blocher nicht abgewählt wird im Dezember 2007, müsste ein Absetzungsverfahren eingeleitet werden.
Im übrigen: In der Schweiz gilt das Pensionsalter 65 – Herr Blocher ist heute schon zwei Jahre älter.
Die Vorbehalte aus dem Jahr 2003 haben sich verstärkt; auch immer mehr PolitikerInnen aus jenen politischen Lagern, die 2003 Nationalrat Blocher in den Bundesrat gewählt haben, schätzen dies unterdessen so ein. Und machen dies auch öffentlich. Von Geheimnis kann da sicher nicht die Rede sein. Wenn die SVP derartige Fakten als Geheimnis interpretiert, ist dies vor allem eine Aussage zum Realitätsbezug dieser Partei. Gleichzeitig stellen sich Fragen zum Demokratieverständnis. Es ist das gute Recht der SVP, aus eigenem Entscheid in die Opposition zu gehen. Es ist aber sicher nicht das Recht der SVP, allfällige Mehrheitsentscheide als Geheimplan zu bezeichnen.
Dieser Teil des Inserates hat noch einen minimalen Unterhaltungswert. Bei der Fortsetzung wird die Sache erschreckend.
Originalzitate:Wird Blocher abgewählt, sind die Folgen:
- EU-Beitritt
- Noch höhere Staatsausgaben
- Noch höhere Steuern und Gebühren
- Weniger Volksrechte
- Mehr Asylmissbrauch
- Mehr Sozialmissbrauch
- Mehr Ausländerkriminalität
Diese Formulierungen verkennen, dass die Schweiz eine Demokratie ist. Oberste Instanz ist der Souverän, also die Gesamtheit aller Stimmberechtigten. Die Schweiz ist insbesondere keine Milliardären-Monarchie, keine Populisten-Autokratie und keine Beliebigkeitsveranstaltung nach den Launen eines Herrn Blocher. Nicht Herr Blocher hat beispielsweise über den EU-Beitritt zu entscheiden – also hat er auch nicht die Macht, einen EU-Beitritt zu verhindern. Allenfalls hat er die finanziellen Mittel, um die Meinung eines Teils der Stimmberechtigten zu kaufen!
Es macht den Eindruck, als sei die SVP daran, einen Star-Kult um Herrn Blocher zu entwickeln. In Erinnerung an historische Beispiele liesse sich die Fixierung der SVP-Politik auf die Person von Christoph Blocher allerdings auch als beginnender Führerkult interpretieren, erfahrungsgemäss ist ein solcher Kult allerdings demokratie-feindlich!
Die SVP hat bei den Nationalratswahlen 2003 etwas mehr als einen Viertel der Stimmen erreicht; dieser Stimmenanteil weist die SVP zwar als starke Partei aus, aber glücklicherweise wird die SVP dadurch nicht zur Mehrheitspartei (auch wenn die Wahlsysteme in der Tendenz grosse Parteien bevorzugen). Selbst bei EWR-Abstimmung am 6. Dezember 1992 hat die SVP das Nein nicht aus eigener Kraft geschafft. Die entscheidenden Prozente stammten vor allem von radikal-ökologisch orientierten Stimmenden. Allein die Medien und der opportunistische Mainstream von SP und Grünen haben dafür gesorgt, dass dieser Erfolg heute ausschliesslich Blocher und „seiner“ SVP zugerechnet wird.
Das politische System der Konkordanz führt zu relativ langwierigen Veränderungsprozessen – die Schweiz ist beispielsweise beim Klimaschutz nahezu handlungsunfähig. Diese Trägheit sorgt aber gerade im Bereich der Gesellschaftpolitik und der politischen Rechte dafür, dass allzu sprunghafte Veränderungen kaum auftreten – diese Konstanz führt zu einer hohen politischen Stabilität.
Quintessenz: Eine Partei, die sich dem Personen- oder gar Führerkult widmet, hat in der Schweizerischen Politik nichts zu suchen. Die anderen politischen Kräfte der Schweiz tun gut daran, diese dummen Polterer zu ignorieren und eine Sachpolitik zu pflegen, die sich auf konstruktive und selbstkritische Art um die realen Probleme der Gesellschaft kümmert. Insbesondere wird es darum gehen, statt der Zechpreller-Haltung der SVP mehrheitsfähige Lösungen zu suchen, die sich mit den Ursachen von Missständen und nicht mit den Symptomen beschäftigen! Zu den Herausforderungen gehören etwa glaubwürdige Schritte gegen den menschgemachten Klimawandel oder Beiträge für eine gerechtere Gesellschaft, sowohl auf nationaler als auf globaler Ebene. Denn: sämtliche der von der SVP der „Lösungsmacht“ von Ex-Nationalrat Blocher zugeordneten populistisch warmgehaltenen Themen handeln von Symptomen, die ursächlich durch Haltungen verursacht werden, die die SVP postuliert! Ganz konkret heisst dies, dass bei den Nationalrats-Wahlen 2007 möglichst wenige Stimmen auf die SVP und auf SVP-nahe Parteien entfallen. Da in der Schweiz Nicht-Wahlempfehlungen eher kontraproduktiv sind, geht es in den verbleibenden Wochen bis zum 21. Oktober darum, möglichst viele Menschen, die nicht dem Umfeld der SVP angehören, dazu zu bringen, sich an den Wahlen zu beteiligen! Danach werden die von den Stimmberechtigen gewählten National- und StänderätInnen mehrheitlich entscheiden, wer in nächster Zeit die Politik-Vorgaben der Stimmberechtigten auf Exekutiv-Ebene umsetzen soll!
Im Tages-Anzeiger vom 11.9.2007 braucht Markus Arnold, Präsident der CVP Kanton Zürich, deutliche Worte.
Zum Beispiel„Die SVP zitiert aus der Propaganda des Dritten Reiches“.
Oder Blochers „Retter“-Image trägt zusehends religiöse Züge, was er selbst mit seinem Sendungsbewusstsein untermauert. Parallelen zum Personenkult in totalitären Staaten sind unverkennbar. Die Schweiz braucht aber keinen Führer.
Zudem: Die SVP wird nicht von der Mehrheit des Volkes gewählt. Sie beschwört aber den Begriff „Volk“ eindeutig in faschistischer Manier. Unter „Volk“ wird nicht die Mehrheit der Stimmberechtigten, geschweige denn der Bevölkerung verstanden. Das Volk sind so nur die Anhänger von Christoph Blocher. Ein Teil der Bevölkerung repräsentiert so das Ganze und grenzt die Mehrheit aus. – Die direkte Demokratie wird gegen die parlamentarische Demokratie ausgespielt. Bundesrat Blocher muss sich nur gegenüber „seinem Volk“ verantworten. Die Gewaltentrennung wird nicht mehr respektiert. Die Demokratie wird dann hochgehalten, wenn sie den eigenen Interessen nützt. – Die SVP beschwört die Schweiz als Folklore und Heimatgefühl. Doch hält sie offensichtlich nicht viel von jener realen Schweiz, die im 19. Jahrhundert als multikultureller Willensstaat entstanden ist.
Danke, Herr Arnold!
Da ja im Moment diverse Arten von Geheimplänen Hochkonjunktur haben, auch hier noch ein Geheimplan. Dieser Geheimplan ist Basis für die Wahl von Herrn Blocher in den Bundesrat. Eines der zentralen Probleme in der schweizerischen Wirtschaft ist die Nachfolgeregelung für die Unternehmensleitung. Um eine Nachfolgeregelung für den Patriarchen Blocher zu erzwingen, haben seine drei Töchter und der Sohn eben einen Geheimplan gestartet, um ihren Vater in den Bundesrat „loszuwerden“. Und da sitzt er nun – bis auch hier wieder ein Geheimplan eine Nachfolgeregelung ernöglicht.
Erstfassung: 1. September 2007