Was ist eigentlich eine lügende Lüge? Diese Frage stellt sich spätestens, seit der SVP-Lautsprecher Christoph Mörgeli von einem CVP-Bundesrat behauptet: „Er lügt sogar noch, wenn er lügt.“ (Zitat aus dem Tages-Anzeiger vom 6. Juni 2005). Möglicherweise ist diese Aussage als Pointe gemeint. Vor einem schenkelklopfenden Heiterkeitsausbruch empfiehlt es sich allerdings, diesem Aussage etwas genauer anzuschauen. Rein sprachlich ist klar, dass eine Lüge das Gegenteil einer wahren Aussage ist. Aber eine lügende Lüge? Ist doch eigentlich auch klar: die Lüge einer Lüge ist eine wahre Aussage. Darum die logische Vereinfachung der Aussage von Christoph Mörgeli: „Er (der CVP-Bundesrat) macht wahre Aussagen“. Wie in der mathematischen Logik: Minus mal Minus gibt Plus. Eine etwas umständliche Art also, auszudrücken, dass der Bundesrat seine Sache gut macht?
Nein, denn Herr Mörgeli hat diese Aussage ausdrücklich als Verunglimpfung gemeint. Wenn bei diesem SVP-Mörgeli-Verunglimpfungsversuch nicht einmal die Sprachlogik stimmt (und dies ist immerhin Unterrichtsstoff etwa der 6. Klasse der Volksschule), wie stehts dann wohl mit den inhaltlichen Zusammenhängen und der Sachlogik sowohl der SVP- als auch der Mörgeli-Argumentation?
Es ist durchaus nicht falsch, wenn angenommen wird, dass die lautstarken SVP-Äusserungen keinen Bezug zur Realität haben, und nur als billige populistische Anmache zu verstehen sind. – Eigenartig allerdings, dass sich ausgerechnet der Tages-Anzeiger als Resonanzraum für diese SVP-Lautsprechereien hergibt – und dies nicht etwa auf der Satire-Seite, sondern auf der ersten Seite des Zürich-Bundes!