Dass sogenannte „Vandalen“ das nicht wirkliche legale Weizen-Versuchsfeld in Zürich-Nord am 13. Juni 08 zum Teil zerstört haben, war kein sinnvoller Akt. Was nun Forscher wie Simon Zeller in einem Artikel im Tages-Anzeiger vom 25. Juli 08 (Zürich und Region, S. 11, nicht elektronisch verfügbar) versuchen, ist aber auch nicht gerade hilfreich.
Simon Zeller behauptet zuerst, es handle sich hier um einen Angriff auf die Forschungsfreiheit – definitiv eine der verfassungsmässig garantierten Rechte. Kurz darauf sagt er aber, dass es sich bei der Gentech-Forschung um einen Auftrag des Staates respektive des Bundesrates handelt. Eine derartige Forschung mit klar vorgegebenen Aufträgen ist allerdings kaum mehr unter Forschungsfreiheit abhandelbar.
Die Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer ist nachweislich der Gentechnik gegenüber negativ eingestellt. Auch Herr Zeller versucht wie viele andere und wie in vielen anderen Technikbereichen, diese Haltung als „Angst“ abzuqualifizieren. Nun, so lange es der Gentechnik nicht gelungen ist, den Bedarf nachzuweisen, wäre Angst tatsächlich ein schlechter Ratgeber. Die Argumente gegen Technologie sind erheblich. Eine ganz kleine Auswahl, bezogen auf den möglichen Nutzen:
- Solange Nahrungskalorien wegen des Umwegs über die Fleischproduktion verpuffen, gibt es wesentlich einfache und vor allem bereits verfügbare Methoden, um dem Welthunger wirksam zu begegnen. Gentech braucht es dazu nicht!
- Der Mensch hat in seiner gesamten Geschichte die Möglichkeiten der Pflanzenzüchtung verwendet. Es ist eine riesige Vielfalt an Kulturpflanzen entstanden, zum Beispiel speziell an die lokalen Witterungsverhältnisse angepasst, zum Teil speziell auf Nutzungen fokussiert (als exemplarisches Beispiel etwa die faszinierende Variationsbreite von Kürbisgewächsen). Dieser Schatz an Menschheitswissen gilt es zu bewahren – viele der von den Gentech-ForscherInnen herbeigewünschten Pflanzeneigenschaften ist bereits verfügbar.
Spannend wird es im Interview von Simon Zeller, wenn er behauptet, der Vandalenakt schade den Gentech-GegnerInnen. Etwa dadurch, dass mit diesen Versuchen hätte herausgefunden werden sollen, unter welchen Bedingungen es zu Auskreuzungen kommen könne. Nur wären wir wieder bei der „Huhn und Ei“-Frage. Denn: diese Frage interessiert eigentlich nur, wenn es Gentech-Pflanzen gibt, und die will ja die Mehrheit nicht. Was hier unter dem Deckmantel „Forschungsfreiheit“ betrieben wird, ist letztlich nichts als Nötigung! Da werden Pflanzen, die die grosse Mehrheit gar nicht will, unter juristisch unklaren Bedingungen ausgepflanzt, um etwas zu erfahren, dass die Mehrheit nicht zu wissen braucht. Dabei zeigt die Technologiegeschichte, dass es immer noch Konsequenzen technologischer Eingriffe gibt, die von gar niemandem bedacht wurden. Es mit wie mit einem Computerprogramm: man findet nur immer den zweitletzten Fehler!
Das Festhalten an der Gentechnologie ist nichts anderes als die Wiederbelebung des Glaubens an die Machbarkeit all dessen, was gedacht werden kann, kurz an den Machbarkeitswahn. Und dies, obwohl zum Beispiel bei der Atomtechnologie längst bewiesen wurde, dass sich die Atomtechnologie nicht mit einer modernen, selbstbestimmten Gesellschaft verträgt. Und spätestens da stellt sich die Frage, wo die Grenzen der Forschungsfreiheit wären (wenn man sich bei der Gentechnologie darauf berufen könnte): wie gehen die Forschenden damit um, dass gerade auch engagierte, kluge und informierte Menschen mit vielen Argumenten gegen eine Technologie antreten? Lässt sich Forschung gegen den Willen der modernen Wissensgesellschaft betreiben? Gerade die ethischen und moralischen Fragestellungen führen auch in anderen Lebensbereichen dazu, dass auf interessante, spannende, herausfordernde Aktivitäten verzichtet wird. Johann Wolfgang von Goethes Zauberlehrling oder auch Albert Einsteins Sorgen um den Weltfrieden trotz dem Widerstand gegen den Nationalsozialismus des Dritten Reiches.