Was ist besser für die Wirtschaft (die ja eigentlich dazu da ist, das Wohlergehen der Menschheit zu finanzieren)? Klimaschutzmassnahmen oder Klimawandelfolgenanpassung? Nicholas Stern empfiehlt eigentlich, dass 1 statt 5 besser ist – Klimaschutzmassnahmen vor Klimawandelfolgenanpassung also. Der Rechnungshof des US-Kongresses hat ausgerechnet, dass sich das BIP der USA wegen der endlich vorgesehenen, allerdings immer noch sanften Klimaschutzmassnahmen bis 2050 um 3.5 % weniger erhöhen würde als ohne diese absolut ungenügenden Klimaschutzmassnahmen – dies kann nur noch als hochgradiger BIP-Zynismus beurteilt werden.
Das BIP beurteilt jede wirtschaftliche Handlung positiv, selbst wenn sie dazu verwendet wird, die negativen Symptome gesellschaftlicher Entwicklungen zu korrigieren. „End-of-Pipe“-Lösungen beispielsweise im Umweltschutz sind BIP-mässig attraktiver als vorsorgende Massnahmen. Energiesparen beispielsweise ist zwar für jene, die davon direkt profitieren, häufig rentabel, aber beispielsweise für die Energiewirtschaft negativ, weil es weniger Energieabsatz gibt!
Schlicht und einfach: das BIP ist ein absolut untauglicher Ansatz zur Beurteilung des Wohlergehens der Menschheit. Zudem wurde es bis anhin nicht geschafft, eine Entkoppelung des BIP von der Ressourcenverschleuderung (die meisten betroffenen Ressourcen sind zudem endlich). Der Rechnungshof nimmt an, dass sich das BIP der USA bis 2050 verdoppelt – obwohl der durchschnittliche Mensch in den USA bereits heute über einen übermässig grossen ökologischen Fussabdruck verfügt, dürfte dieser also bis 2050 nochmals kräftig zunehmen, damit die unsinnigste Wirtschaftsbeurteilungsgrösse BIP weiter zunehmen kann.
Es ist dringlich, neue Kenngrössen zu schaffen, die das Wohlergehen der gesamten Menschheit besser beurteilen können. Dass allerdings die gierigen Bankers und Wirtschaftsfachleute überhaupt Interesse haben, muss bezweifelt werden – nachdem beispielsweise das kluge Konzept der Internalisierung der externen Kosten entweder nicht verstanden oder gar abgelehnt wird – die Bonus-Generation der Wirtschaftsverantwortlichen kann schliesslich nur existieren, weil ihr Handeln zu lasten sowohl der Umwelt als auch der lebenden als auch zukünftiger Generationen, über die Schäden für die Finanzwirtschaft hinaus, geht – und das zynische BIP ist die Fahne dieser Weltzerstörer!
Zwei Stichworte können hier weiterhelfen: Weltethos und und bedingungsloses Grundeinkommen für alle.
Auch der frühere UBS-Chefökonom Klaus Wellershoff lässt sich dazu vernehmen: Es müsste die Einsicht reifen, dass wir über unsere Verhältnisse gelebt haben. Und eben nicht nur in den USA, sondern auch in Grossbritannien, in Spanien und Irland sowie in einer Reihe weiterer Länder in Europa und Asien. Wir sollten uns gewöhnen an eine Welt, die vielleicht auf einem tieferen Wohlstandsniveau lebt und auch langsamer wächst.
P.S. Darüber hinaus: So kleine Unterschiede des BIP über diesen langen Zeitraum hängen derart stark von den Annahmen ab, dass die Aussage des Rechnungshofes des Kongresses schlicht als Unsinn bezeichnet werden muss!